Re: Reparatur eines Kunststoff Kettenrades
Verfasst: Donnerstag 12. Mai 2016, 12:32
Hallo zusammen,
mit so heftiger Reaktion hätte ich gar nicht gerechnet.
Die Mechaniker unter euch wissen, daß das ein Peanut war . Es sind nur zwei einfachste zylindrische Teile deren Anfertigung keine Vorbereitung erfordert und die in 15 Minuten gemacht waren.
@Museumsfritze
Das ist eigentlich Deine Idee!! Ich habe ganz zu Anfang, als ich zu den Nähmaschinen kam im Nähmaschinenverzeichnis einen Bericht über die provisorische Reparatur eines Zahnrads einer Adlerette gelesen. Du hast es bandagiert und es ist danach wieder leidlich gelaufen ist. Dieser Bericht ist mir nie wieder aus dem Kopf gegangen und ist die Vorlage zu diesem Versuch geworden. Er hat allerdings auch dazu geführt, daß ich um die Adlerette einen Bogen gemacht habe, was mir immer sehr schwer gefallen ist.
Also die Idee ist bei dir geklaut!
@ Klaus_Carina, @Wolfgang
Zuerst mal, es handelt sich um ein Provisorium. Die Maschine soll nie wieder vollständig zusammengebaut werden. Deswegen ist es eigentlich egal wie lange das hält. Wie schon ein paar mal geschrieben, wäre es auch nicht viel mehr Aufwand gewesen das Teile aus dem Vollen komplett neu zu machen. Das ist einfacher als ein Zahnrad, bei dem die Form der Zähne sehr exakt sein müssen, wenn sie geschmeidig laufen sollen.
Natürlich sind die ersten Gedanken :
- Welcher Typ Kunststoff ist das. Eher weich oder eher Spröde
- ist der Kunststoff durch die Alterung brüchig geworden
- ist die Schale dick genug für diese Lösung
- Ist der Kunststoffring geplatzt, weil er geschrumpft ist und passt anschließend nicht mehr
- Wie hoch und in welcher Weise wird der Ring im Betrieb Belastet. (Druck, Zug, Torsion..)
....
Ich habe von Kunststoffen nicht viel Ahnung und kenne kaum deren Bezeichnung.
Der Kunststoff ist jedenfalls ein Thermoplast. Ich behaupte es ist Nylon.
Nylon härtet nicht so rasanten aus wie viele andere Kunststoffe.
Meiner Erfahrung nach wird er auch nicht so hart wie andere über die Jahre.
Das zeigt sich auch hier beim Einspannen und Spanen.
Das Kunststoffrad hat beim Ausdrehen des Kerns einen sauberen flexiblen Span gezogen.
Wer schon mal an alten Kuststoffteilen gearbeitet hat, weis wie ausgehärtete Kunststoffe reagieren.
Zur Demonstration das folgende Foto eines Spans. Leider vom Bohren und nicht die langen vom Drehen.
Brüchige Kunststoffe zersplittern in kleine Stücke. Das Kettenrad tut das nicht sondern zieht lange Spane.
Nylon (oder ähnliche Werkstoffe) werden immer noch oft z.B. für Gleitlager eingesetzt. das sind hochwertige Kunststoffe mit exzellenten Gleiteigenschaften. Druckbelastbar und warungsfrei. Sogar in Werkzeugmaschinen.
Das zweite Indiz ist das Verhalten beim Einspannen in das Drehfutter. Kunststoffteile müssen besonders sorgfältig und stabil eingespannt werden. Das ist mit historischen ausgehärteten Teilen selten möglich, weil sie brechen.
Da die Oberfläche wegen der Zahnung nicht glatt ist muß man das Rad in ein passendes Stück Rohr das mit einem Schlitz versehen wird einspannen. Es muß ja daneben auch noch absolut rund laufen, sonst eiert es später.
Das Rad hat nach dem Ausdrehen nur noch eine Dicke von 3 mm in der Nut. Ein spröder Kunststoff hält das Einspannen nicht aus.
Warum ist das Rad dann gerissen?
Wenn es stark geschrumpft wäre, dürfte die Kette nicht mehr richtig passen. Ich habe zudem den Außendurchmesser der beiden Räder verglichen. Die Beiden Räder unterscheiden sich im Außendurchmesser nur um knapp ein zehntel Millimeter. Das ist im Bereich der Fertigungstoleranzen und der Messunsicherheit.
Ich glaube es liegt zumindest teilweise daran, daß die Kunststoffverbundräder von Anfang an stark auf Spannung stehen.
Der Kunststoff- Zahnkranz ist angegossen. Ich nehme an, daß er schon nach der Fertigung ständig unter hoher Spannung steht. Außer einer leichten Riffelung auf dem Stahlkern gab es keinen anderen Verdrehschutz.
Zusammengefasst:
ich halte den Kunststoffring für nicht wirklich verhärtet und elastisch genug die Belastung auch weiter auszuhalten.
Der Klemmring bringt jetzt den Anpressdruck auf den Kern auf, den der Kunststoff früher selbst herstellen musste und dabei gerissen ist.
Ich bin genau wie Wolfgang der Meinung, daß die Kette die Schale eher zusammenhält als sie zu spalten.
Dazu kommt daß das Rad überhaupt keiner nennenswerten Belastung ausgesetzt ist. Es werden im Normalbetrieb kaum Kräfte übertragen. Das kann man an dem zweiten Rad identischer Größe sehen!! Dieses Rad ist wahrscheinlich schon mal ersetzt worden.
- Es hat keinen Metallkern
- das Rad ist innen hohl und hat nur vier dünne Stege
- die Gewinde der beiden Madenschrauben, und das ist jetzt der endgültige Beleg, sind direkt ins Kunststoff geschnitten.
Das ist auch für minimale Belastung normalerweise ein absolutes NO-GO!! Unglaublich aber wahr!
- Außer den beiden Madenschrauben in Kunststoff gib es keinen weiteren Verdrehschutz am Kettenrad!
Und das auch noch bei dem kleinen Wellendurchmesser!
Also ich behaupte das hält. Und zwar länger als das zweite, intakte, das wegen der Madenschraubengewinde in Kunststoff als erstes Aufgibt wenn es z.B. aus irgendeinem Grund mal zu einer Blockierung im Antrieb kommt.
Meine Lösung wäre aber das Rad komplett neu zu machen. Aber der Besitzer der Maschine will/ braucht das nicht, da die Maschine nicht wieder in Betrieb geht.
Sorry für die langatmige Darstellung. Und danke an Klaus_Carina für die kritischen Bemerkungen, die ich im Fall, daß der Kunststoff spröde geworden wäre, voll bestätigt hätte. Ich hatte dadurch die Chance dazu Stellung zu nehmen, was mir immer sehr viel Spaß macht.
Ich will das Thema aber nicht weiter vertiefen. Sondern lieber noch mal über die Kette in einem anderen Thread diskutieren. An der Kette, die Ralf gelinkt hat sind ein paar sehr interessante Lösungen zu sehen. Nicht nur der Verschluss.
Grüße
Klaus
mit so heftiger Reaktion hätte ich gar nicht gerechnet.
Die Mechaniker unter euch wissen, daß das ein Peanut war . Es sind nur zwei einfachste zylindrische Teile deren Anfertigung keine Vorbereitung erfordert und die in 15 Minuten gemacht waren.
@Museumsfritze
Das ist eigentlich Deine Idee!! Ich habe ganz zu Anfang, als ich zu den Nähmaschinen kam im Nähmaschinenverzeichnis einen Bericht über die provisorische Reparatur eines Zahnrads einer Adlerette gelesen. Du hast es bandagiert und es ist danach wieder leidlich gelaufen ist. Dieser Bericht ist mir nie wieder aus dem Kopf gegangen und ist die Vorlage zu diesem Versuch geworden. Er hat allerdings auch dazu geführt, daß ich um die Adlerette einen Bogen gemacht habe, was mir immer sehr schwer gefallen ist.
Also die Idee ist bei dir geklaut!
@ Klaus_Carina, @Wolfgang
Zuerst mal, es handelt sich um ein Provisorium. Die Maschine soll nie wieder vollständig zusammengebaut werden. Deswegen ist es eigentlich egal wie lange das hält. Wie schon ein paar mal geschrieben, wäre es auch nicht viel mehr Aufwand gewesen das Teile aus dem Vollen komplett neu zu machen. Das ist einfacher als ein Zahnrad, bei dem die Form der Zähne sehr exakt sein müssen, wenn sie geschmeidig laufen sollen.
Natürlich sind die ersten Gedanken :
- Welcher Typ Kunststoff ist das. Eher weich oder eher Spröde
- ist der Kunststoff durch die Alterung brüchig geworden
- ist die Schale dick genug für diese Lösung
- Ist der Kunststoffring geplatzt, weil er geschrumpft ist und passt anschließend nicht mehr
- Wie hoch und in welcher Weise wird der Ring im Betrieb Belastet. (Druck, Zug, Torsion..)
....
Ich habe von Kunststoffen nicht viel Ahnung und kenne kaum deren Bezeichnung.
Der Kunststoff ist jedenfalls ein Thermoplast. Ich behaupte es ist Nylon.
Nylon härtet nicht so rasanten aus wie viele andere Kunststoffe.
Meiner Erfahrung nach wird er auch nicht so hart wie andere über die Jahre.
Das zeigt sich auch hier beim Einspannen und Spanen.
Das Kunststoffrad hat beim Ausdrehen des Kerns einen sauberen flexiblen Span gezogen.
Wer schon mal an alten Kuststoffteilen gearbeitet hat, weis wie ausgehärtete Kunststoffe reagieren.
Zur Demonstration das folgende Foto eines Spans. Leider vom Bohren und nicht die langen vom Drehen.
Brüchige Kunststoffe zersplittern in kleine Stücke. Das Kettenrad tut das nicht sondern zieht lange Spane.
Nylon (oder ähnliche Werkstoffe) werden immer noch oft z.B. für Gleitlager eingesetzt. das sind hochwertige Kunststoffe mit exzellenten Gleiteigenschaften. Druckbelastbar und warungsfrei. Sogar in Werkzeugmaschinen.
Das zweite Indiz ist das Verhalten beim Einspannen in das Drehfutter. Kunststoffteile müssen besonders sorgfältig und stabil eingespannt werden. Das ist mit historischen ausgehärteten Teilen selten möglich, weil sie brechen.
Da die Oberfläche wegen der Zahnung nicht glatt ist muß man das Rad in ein passendes Stück Rohr das mit einem Schlitz versehen wird einspannen. Es muß ja daneben auch noch absolut rund laufen, sonst eiert es später.
Das Rad hat nach dem Ausdrehen nur noch eine Dicke von 3 mm in der Nut. Ein spröder Kunststoff hält das Einspannen nicht aus.
Warum ist das Rad dann gerissen?
Wenn es stark geschrumpft wäre, dürfte die Kette nicht mehr richtig passen. Ich habe zudem den Außendurchmesser der beiden Räder verglichen. Die Beiden Räder unterscheiden sich im Außendurchmesser nur um knapp ein zehntel Millimeter. Das ist im Bereich der Fertigungstoleranzen und der Messunsicherheit.
Ich glaube es liegt zumindest teilweise daran, daß die Kunststoffverbundräder von Anfang an stark auf Spannung stehen.
Der Kunststoff- Zahnkranz ist angegossen. Ich nehme an, daß er schon nach der Fertigung ständig unter hoher Spannung steht. Außer einer leichten Riffelung auf dem Stahlkern gab es keinen anderen Verdrehschutz.
Zusammengefasst:
ich halte den Kunststoffring für nicht wirklich verhärtet und elastisch genug die Belastung auch weiter auszuhalten.
Der Klemmring bringt jetzt den Anpressdruck auf den Kern auf, den der Kunststoff früher selbst herstellen musste und dabei gerissen ist.
Ich bin genau wie Wolfgang der Meinung, daß die Kette die Schale eher zusammenhält als sie zu spalten.
Dazu kommt daß das Rad überhaupt keiner nennenswerten Belastung ausgesetzt ist. Es werden im Normalbetrieb kaum Kräfte übertragen. Das kann man an dem zweiten Rad identischer Größe sehen!! Dieses Rad ist wahrscheinlich schon mal ersetzt worden.
- Es hat keinen Metallkern
- das Rad ist innen hohl und hat nur vier dünne Stege
- die Gewinde der beiden Madenschrauben, und das ist jetzt der endgültige Beleg, sind direkt ins Kunststoff geschnitten.
Das ist auch für minimale Belastung normalerweise ein absolutes NO-GO!! Unglaublich aber wahr!
- Außer den beiden Madenschrauben in Kunststoff gib es keinen weiteren Verdrehschutz am Kettenrad!
Und das auch noch bei dem kleinen Wellendurchmesser!
Also ich behaupte das hält. Und zwar länger als das zweite, intakte, das wegen der Madenschraubengewinde in Kunststoff als erstes Aufgibt wenn es z.B. aus irgendeinem Grund mal zu einer Blockierung im Antrieb kommt.
Meine Lösung wäre aber das Rad komplett neu zu machen. Aber der Besitzer der Maschine will/ braucht das nicht, da die Maschine nicht wieder in Betrieb geht.
Sorry für die langatmige Darstellung. Und danke an Klaus_Carina für die kritischen Bemerkungen, die ich im Fall, daß der Kunststoff spröde geworden wäre, voll bestätigt hätte. Ich hatte dadurch die Chance dazu Stellung zu nehmen, was mir immer sehr viel Spaß macht.
Ich will das Thema aber nicht weiter vertiefen. Sondern lieber noch mal über die Kette in einem anderen Thread diskutieren. An der Kette, die Ralf gelinkt hat sind ein paar sehr interessante Lösungen zu sehen. Nicht nur der Verschluss.
Grüße
Klaus