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Re: Singer 216 G - soll wieder nähen

Verfasst: Mittwoch 19. April 2017, 20:04
von Twassbrake
Ich sage ja, wenn man kein originales Zubehör hat sind diese Sets eine echte Alternative. Aber dein Tip war ja eventuell vorhandenes Zubehör teuer weiterzuverkaufen und stattdessen ein billiges Chinaset (keine negative Wertung meinerseits) zu nehmen. DAS hat meinen Widerwillen erregt.

Und wie das ganze Zubehör immer verloren geht? Ganz einfach, im Moment kommen ja sehr viele Maschinen aus Haushaltsauflösungen und Hausübernahmen auf den Markt. Während die ursprünglichen Maschinenbesitzer und vielleicht noch deren Kinder ein Auge auf die Maschinen hatten und Zubehör und Maschinen weitestgehend zusammenhielten, hat die Generation danach meist keine emotionale Verbindung mehr dazu. Da wird die Wohnung/das Haus frei geräumt und alles was stört beseitigt. Auch professionelle Entrümpler haben kein Interesse daran sich Maschine und Zubehör zusammen zu suchen. Zuviel Aufwand ... zu wenig Profit. sad

Als bestes Beispiel eine Flohmarktverkäuferin vor einigen Monaten. Sie hatte eine Holzhaube für eine Original Victoria zu verkaufen. Keine Maschine, kein Gestell, kein Zubehör. Auf meine Frage nach der Maschine oder Zubehör, antwortete sie mir dass sie die Maschine weggeschmissen hätte, das Gestell stände jetzt im Garten als Deko und Zubehör ... da musste sie kurz überlegen. Die schmucke Dose hatte sie einer Freundin gegeben, die Nähfüsse weg geschmissen. Braucht doch keiner mehr ... boewu
Ja was willste da noch sagen?

Re: Singer 216 G - soll wieder nähen

Verfasst: Mittwoch 19. April 2017, 23:20
von hutzelbein
Twassbrake hat geschrieben:Ich sage ja, wenn man kein originales Zubehör hat sind diese Sets eine echte Alternative. Aber dein Tip war ja eventuell vorhandenes Zubehör teuer weiterzuverkaufen und stattdessen ein billiges Chinaset (keine negative Wertung meinerseits) zu nehmen. DAS hat meinen Widerwillen erregt.
Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass dieses Thema bei Wachtelines Singer 216G so wichtig ist. Der Sammlerwert ist relativ gering, da es noch eine relativ große Anzahl von diesen Maschinen im Markt gibt, die teilweise auch in einem erheblich besseren optischen Zustand sind. Von den schönen schwarzen Maschinen mit noch neuwertiger Goldverzierung will ich gar nicht erst reden. Der individuelle Nutzwert kann dagegen bei jeder Singer 216G sehr hoch sein, da man mit diesen Nähmaschinen nach etwas Eingewöhnung relativ gut nähen kann und der Nähkomfort beachtlich ist. Die Maschine kann tatsächlich auch süchtig machen, weil alles so gut klappt und einfach funktioniert.

Der Umstand, dass man für die Singer 216G auch ein billiges Nähfüßchenset aus China verwenden kann, ist ein erwähnenswerter Vorteil dieser Maschine. Das bedeutet allerdings noch lange nicht, daß man sich gleich ein ganzes Billigset an Nähfüßchen für diese Maschine in China einkaufen sollte. Man kann es tun, muss es aber nicht. Das muss jeder Nutzer unter Abwägung seines individuellen Zielsetzungen und Bedürfnisse für sich selbst entscheiden. Ich habe z.B. das Originalzubehör meiner schönen schwarzen Singer, die ich zunächst für mich selbst behalten wollte, mit einer anderen schönen Singer 216G verkauft. Die Nähfüßchen für meine schwarze Singer 216G habe ich dann gezielt nach meinen Wünschen neu zusammengestellt. Teilweise habe ich in China gekauft, das gebe ich zu, und teilweise auch im deutschen Nähmaschinengroßhandel. Ich war schon der Meinung, dass meine Zusammenstellung gegenüber dem Singer Originalzubehör unter meinen Nutzwertüberlegungen besser war, weil ich auch einige wichtige Nähfüßchen mit dabei hatte, die es zu Zeiten der Herstellung der Maschine noch gar nicht gab. Snap-On Sohlen haben im übrigen auch ihre Vorzüge, wenn man die Nähfüßchen manchmal schnell auswechseln will. Und es gibt auch andere bekannte Hersteller, die schönere oder nützlichere Nähfüßchen haben, als die, die zum 60 Jahre alten Singer Originalzubehör gehören. Es hat sich ergeben, dass der Käufer meiner einen Singer 216G auch unbedingt meine zweite wollte. Singer Dosen hatte ich noch für beide Maschinen und die Original-Bedienungsanleitungen auch. So bin ich zwei schöne Singer 216G Maschinen auf einen Schlag gut losgeworden. Der Käufer hat sich sehr gefreut und ich musste mich zunächst mit meiner Meister ZZ trösten.

Die verwendet high shank Nähßüßchen. Und tatsächlich habe ich auch bereits einige high-shank Näßfüßchen in China bestellt, weil die für mich nützlicher waren, als die qualitativ hochwertigen Meister-Nähfüßchen. In China bestellen bedeutet ja auch nicht unbedingt, dass man dort etwas Minderwertiges einkauft. Fast alle Nähfüßchenhersteller sind heute in China ansäßig und die verkaufen auch Dinge, wo sich fortgeschrittene Nutzer die Finger nach lecken oder die in Deutschland extrem teuer verkauft werden.

Im übrigen würde mir tatsächlich nicht einfallen, daß ich mir das komplette Zubehör von einer Singer 316G relativ teuer einzukaufe, um das Originalzubehör einer Singer 216G zu ergänzen. Wenn es eine besondere rare Singer Maschine mit hohem Sammlerwert wäre, könnte ich das sofort verstehen. Das ist allerdings Wachtelines Singer 216G aus meiner Sicht nicht. Ich verstehe es so, dass Wachteline erfolgreich schöne Dinge mit der Singer Machine nähen will. Das kann sie nach kurzer Eingewöhnung normalerweise sofort. Dazu braucht sie das Original Singer Zubehör tatsächlich nicht unbedingt. Wie auch immer sie es macht, sie muss das selber entscheiden und wissen was sie will. Die Option - 63 Jahre nach Herstellung ihrer Maschine - Zubehör in China preiswert einzukaufen, hat sie mit ihrer Singer 216G Maschine. Das ist ein schwerwiegendes Argument, das mE deutlich einen Vorzug der 216G Maschine herausstellt. Man muss sich heutzutage schon wundern, dass es so etwas noch gibt. Normal ist das jedenfalls aus meiner Sicht nicht. Ich würde es nicht verstehen, wenn Wachteline freiwillig auf diesen Vorzug verzichtet, obwohl er ganz offensichtlich auf der Hand liegt und ein Faktor ist, der den Wert ihrer Maschine mitbestimmt.

Re: Singer 216 G - soll wieder nähen

Verfasst: Donnerstag 20. April 2017, 11:16
von Klaus_Carina
Hutzelbein, Deine sehr ausführlichen Ausführungen über den Wert der alten Maschinen, Original-Zubehör aus dem ich für mich zu erkennen glaube, dass Du neben der Nutzung der Maschine auch Geldwert-orientiert bist sind alles Deine sehr persönlichen und für Dich geltenden Maßstäbe.

Jeder von uns hat da völlig andere Werte und Ideen dazu, jeder ein eigenes Sammlungs- und oder Verwertungsinteresse. Wir sehen einen "Wert" in der Maschine, die wir da retten für uns selbst.

Denn glaubst Du wirklich, dass ebay & friends den kompletten Markt abbilden? Ich habe schon 08/15 Maschinen wie die Pfaff 30 im runtergerissenen Zustand in Antiquitätenläden zu Schweinepreisen angeboten gesehen wie auch Top Maschinen mit Originalzubehör in den Sperrmüll wandern sehen.

Nähmaschinen sind und waren ein Gebrauchsgegenstand, der nur mit dem Gebrauch zum Wert wurde, für den man einen entsprechend hohen Geldwert hinlegen musste - und heute wieder muss - oder auch nicht. Heute wie damals war die Nähmaschine ein Massenprodukt.

Damals wie heute wurde auf Rationalisierung der Fertigung geachtet, Marken gepflegt. Singer z.B. wurde bis in die späten Achtziger als deutsche Marke und Maschine erachtet, und bei neueren Maschinen auf "schwer" gemacht, um das frühere Vollmetall-image zu halten. Schon lange haben NMS-hersteller untereinander Teile bezogen - tlw. ganze Produkte bei der Konkurrenz eingekauft, Fertigungs und Konstruktionsstätten in aller Welt genutzt.

Und genau wie auch Du es machst, auf Verbraucher Vorurteile wie "Chinaware" in der Beratung gesetzt - ohne dass die Verkäuferin wusste, dass genau das Originalteil auf der gleichen Maschine gefertigt wurde wie das markenlose.

Die alten Maschinen und ihr Wert ist nicht Geld-Wert, sondern deren ideller Wert in unserem Kopf und unserem Herzen. Nicht mehr -aber auch nicht weniger.

Re: Singer 216 G - soll wieder nähen

Verfasst: Donnerstag 20. April 2017, 13:44
von Liebelilla
@hutzelbein
Finde die Geschichte auch sehr interessant. Echt toller Beitrag für das Forum. Sowas lese ich immer gern.
Für mich persönlich spielt die Vorgeschichte der Maschine eine sehr wichtige Rolle in meiner Sammlung.
Haid & Neu Nähmaschinen sind mir bisher entgangen, obwohl sie einen recht guten Eindruck machen. Werde ab jetzt ausschau halten biggrin
Das mit den Nähfüßschen aus China ist echt ein Vorteil. Und der Tipp mit dem Kauf über Ebay direkt aus China ist auch Klasse. Danke wink

Re: Singer 216 G - soll wieder nähen

Verfasst: Donnerstag 20. April 2017, 21:43
von Wachteline
Liebelilla hat geschrieben: Wenn man die Ober- und Unterfadenspannung ganz bisschen fester dreht (Oberfaden um 0,5 bis 1 Punkt fester), wird der Geradestich von unten auch ordentlich aussehen.
Oben habe ich um knapp 1 fester gestellt und die Unterfadenspannung auch ein klein wenig. Nun sieht die Naht richtig schön aus. Und das auch noch auf einem Stück Baumwoll-Elastanmischung. Ich werde gleich noch etwas nähen. Danke. smile

Ihr Lieben, Ihr habt alle Recht. Eine Maschine ist das was man in ihr sieht. Ein Schmuckstück, ein Arbeitsgerät, eine Erinnerung, ein kleines technisches Wunderwerk....

Hätte ich original Füße würde ich sie niemals weggeben. Aber originale Füße kaufen die wesentlich teurer als die Maschine sind, das täte ich auch nicht. Gerade wenn es für eine "Normal"-Maschine ganz einfach Ersatz gibt.

Hutzelbein, Danke Dir, für den Tipp mit den Füßen. Welche ich mir noch besorgen werden, weiß ich noch nicht, das muss ich erst einmal prüfen.

Danke nochmal an alle, für die Tipps und Hilfestellungen. sd

Re: Singer 216 G - soll wieder nähen

Verfasst: Donnerstag 20. April 2017, 23:20
von hutzelbein
Klaus_Carina hat geschrieben:Nähmaschinen sind und waren ein Gebrauchsgegenstand, der nur mit dem Gebrauch zum Wert wurde, für den man einen entsprechend hohen Geldwert hinlegen musste - und heute wieder muss - oder auch nicht. Heute wie damals war die Nähmaschine ein Massenprodukt.
Früher haben sie die Familien meistens mit der Familiengründung eine Nähmaschine fürs ganze Leben gekauft und die Hersteller haben die entsprechende Qualität geliefert. Die Maschinen waren auch ohne viel Schnickschnack relativ leicht zu warten. Heute werden auch Nähmaschinen verkauft, die Sollbruchstellen enthalten, und die bei durchschnittlichen Gebrauch kurz nach Ablauf der Garantiezeit defekt gehen (je nach Gebrauch früher oder später). Für das Auspacken einer solchen Maschine braucht man u.U. etwa 1 Stunde, wenn man die Maschine bereits begriffen hat und ein Service-Handbuch besitzt. Wenn man kein Service-Handbuch besitzt, gibt es kaum eine Chance auf eine erfolgreiche Reparatur. Zur Reparatur geeignet muss eine neue Maschine heutzutage auch gar nicht sein. Der Neukauf ist billiger als eine Repartur und der Nähmaschinentechniker muss seinen Stundensatz ordentlich kalkulieren, sonst kann er nicht überleben. Ich habe bereits eine Singer Maschine "Made in Sicily" (im Maffia-Land) versucht zu reparieren, die unreparierbar defekt war. Ein einziges Schräubchen hat dafür gesorgt, dass alle Bemühungen vergeblich waren. Auch ein Fachbetrieb hätte die Nähmaschine nicht wieder in Schwung gebracht.

Wir leben heute in einer Wegwerfgesellschaft. Wo das einmal hinführen wird, weiß ich nicht. Alles wird automatisch von Maschinen hergestellt. Der Faktor Mensch spielt im Arbeitsprozess kaum noch eine Rolle. Wenn der Mensch aber nichts mehr verdient, kann er sich demnächst auch keine Nähmaschine mehr leisten.
Klaus_Carina hat geschrieben:Damals wie heute wurde auf Rationalisierung der Fertigung geachtet, Marken gepflegt. Singer z.B. wurde bis in die späten Achtziger als deutsche Marke und Maschine erachtet, und bei neueren Maschinen auf "schwer" gemacht, um das frühere Vollmetall-image zu halten.
Meine amerikanischen Nähfreunde betrachten Singer als eine amerikanische Marke. Tatsächlich war und ist es eine Weltmarke, die auch in Deutschland produziert und mit deutschen Ingenieuren entwickelt hat. Die Amis kennen die 216G kaum, würden heute allerdings gerne eine besitzen, wenn sie da leicht herankämen.

Es gab nach dem Krieg auf den Nähmaschinenmarkt weltweit einen massiven Preiwettbewerb, ausgelöst dadurch, dass zunächst die Japaner die Technologie einfach abkupferten und die Ware billig auf den Markt brachten. Deutsche Qualitätshersteller, wozu auch Singer gehörte, konnte da nicht mehr mithalten und sie mussten an allen Ecken Produktionskosten einsparen. Singer hat als Marke aus meiner Sicht nur überlebt, weil sie ebenfalls auf Billigware setzte und dabei weltweit bei den günstigsten Teilelieferanten einkaufte.
Klaus_Carina hat geschrieben:Die alten Maschinen und ihr Wert ist nicht Geld-Wert, sondern deren ideller Wert in
unserem Kopf und unserem Herzen. Nicht mehr -aber auch nicht weniger.
Eine Maschine in der Qualität der Singer 216G könnte man heute vermutlich noch herstellen. Für den Hersteller würde es sich allerdings nicht lohnen. Sie würde in der Herstellung um einiges mehr kosten, als damals um 1954. Aber die Verbraucher würden die billigeren Maschine mit viel Schnickschnack bevorzugen, weil sie den Unterschied in großer Mehrheit nicht begreifen.

Für mich war es ein Zufall, dass meine Maschinen immer älter wurden. Zunächst habe ich eine neue gekauft. Dann stellte ich fest, dass die 20 Jahre ältere vom gleichen Hersteller mehr konnte und gebraucht auch deutlich günstiger war. Nähen konnte ich damals noch nicht wirklich. Ich hab das Nähen erst Stich-für-Stich mit einer alten Meister ZZ richtig gelernt. Das war vermutlich mein Glück. Ich glaube nicht, dass ich mit gleichem Erfolg und gleicher Präzision das Nähen mit einer neuen Maschine erlernt hätte. Ich glaube, ich hätte die Geduld dafür nicht aufgebracht und relativ schnell das Handtuch geschmissen.

Wenn ich nicht durch Zufall diesen Weg gegangen wäre, hätte ich heute vermutlich meine neue Nähmaschine noch im Schrank, könnte aber immer noch nicht nähen oder würde mich öfter ärgern, weil das Ergebnis, das aus der Nähmaschine herauskommt, meinen Ansprüchen nicht genügt.

Re: Singer 216 G - soll wieder nähen

Verfasst: Donnerstag 20. April 2017, 23:30
von nicole.boening
hutzelbein hat geschrieben:Für mich war es ein Zufall, dass meine Maschinen immer älter wurden. Zunächst habe ich eine neue gekauft. Dann stellte ich fest, dass die 20 Jahre ältere vom gleichen Hersteller mehr konnte und gebraucht auch deutlich günstiger war. Nähen konnte ich damals noch nicht wirklich. Ich hab das Nähen erst Stich-für-Stich mit einer alten Meister ZZ richtig gelernt. Das war vermutlich mein Glück. Ich glaube nicht, dass ich mit gleichem Erfolg und gleicher Präzision das Nähen mit einer neuen Maschine erlernt hätte. Ich glaube, ich hätte die Geduld dafür nicht aufgebracht und relativ schnell das Handtuch geschmissen.
Wenn ich nicht durch Zufall diesen Weg gegangen wäre, hätte ich heute vermutlich meine neue Nähmaschine noch im Schrank, könnte aber immer noch nicht nähen oder würde mich öfter ärgern, weil das Ergebnis, das aus der Nähmaschine herauskommt, meinen Ansprüchen nicht genügt.
Bei mir war es auch eine alte Meister, die mir den Weg zu den alten Maschinen gezeigt hat. 20 Euro - ein Flohmarktfang. Die Fast 70 Jahre alte Dame hat ein Computerpüppchen vertreten - als dies nach einem Jahr einen neuen Motor brauchte... und mich von den Socken gehauen. Davon komme ich auch heute noch nicht weg. Das Computerteilchen hab ich seitdem nicht mehr angefasst ... dabei ist das auch eine ganz tolle ... aber ich brauche momentan Stahl und Schmiere ...