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Re: Verifizierte Singer Seriennummern aus Wittenberge bis 1945 zur Baujahrbestimmung

Verfasst: Donnerstag 20. Dezember 2018, 23:48
von GerdK
Wow, fast 400,- RM. Das war m.W. viel Geld damals für eine Familie. Nach der Liste hier:
https://www.was-war-wann.de/historische ... slohn.html
..verdiente ein Arbeiter 1941 nur 161,- RM im Monat. Also 2,5 Monatslöhne, das wären heute etwa 6000,- EUR, vom Nettoeinkommen gerechnet.

Viele Grüße, Gerd

Re: Verifizierte Singer Seriennummern aus Wittenberge bis 1945 zur Baujahrbestimmung

Verfasst: Freitag 21. Dezember 2018, 07:57
von carco
Ziemlich alle Nähmaschinenhersteller boten damals Ratenkauf an. Das auch bei vielen anderen Gütern so.
Bei den Nähmaschinenkäufen waren monatliche Raten zwischen 5 und 12 Mark üblich. Das heißt; Wer solch eine Maschine kaufte, musste unter Umständen 6 Jahre daran abzahlen.

Nähmaschinen waren nie billig.

Ich habe von meiner Phoenix 429 eine Rechnung von 1954 über 722 DM. Für die Jüngeren unter uns; DM war die Abkürzung von Deutsche Mark biggrin und die Vorgängerwährung des T'Euro.

Auch nach dem WK II war es durchaus üblich eine Nähmaschine mit Ratenkauf zu erwerben.
Der Ratenkauf bei Nähmaschinen wurde dann direkt über den Hersteller ohne Einbeziehung einer Bank ausgehandelt.

Eine Nähmaschine war ein semiprofessionelles Luxusgut. Weil sie so teuer waren wurden sie entsprechend gepflegt. Das ist auch der Grund warum so viele in gutem bis sehr gutem Zustand bis heute überlebten.

Die meisten können sich gar nicht vorstellen welche Entbehrungen aufgenommen wurden, um eine solche Maschine zu erhalten.

In so fern können alle Sammler froh darüber sein dass die meisten gar nicht wissen was das alles einmal für Schätze waren.

Re: Verifizierte Singer Seriennummern aus Wittenberge bis 1945 zur Baujahrbestimmung

Verfasst: Freitag 21. Dezember 2018, 08:41
von Hosenkürzer
Hallo carco,
Eine Nähmaschine war ein semiprofessionelles Luxusgut. Weil sie so teuer waren wurden sie entsprechend gepflegt.
das war einmal.

Jetzt lässt man Stücke wie meine 230er (die im Bugholzkoffer) 20 Jahre im Keller verkommen,
nachdem man sie mit Speiseölschmierung schwer misshandelt hat.
Dann verschleudert man sie als irreparabel um 10€ bei Willhaben.at (zu meinem Glück) und kauft sich beim Hofer (Aldi) eine "Singer" um 99.-.

Die ist 3 Tage im Bioäthanolbad (96%) gestanden, bis sich überhaupt irgendwas bewegt hat.
Jetzt läuft sie wieder 1A.
Ich habe von meiner Phoenix 429 eine Rechnung von 1954 über 722 DM
Für einen ganz simplen japanischen Singer-Klon (Geradestich, aber bis auf den Stirndeckel Ganzmetall) habe ich die Rechnung aus 1965 über 2200.- Schilling (~ 300.- DM).

lG Helmut

Re: Verifizierte Singer Seriennummern aus Wittenberge bis 1945 zur Baujahrbestimmung

Verfasst: Freitag 21. Dezember 2018, 09:05
von Hosenkürzer
Danke Klaus,
inch hat geschrieben:Hier einige Fotos und Dokumente der Singer 206D Seriennr. C3684013
Auslieferungsdatum 30. Juni 1941
Vermutlich wartete sie schon ein Weilchen auf ihren Verkauf.
(Die Nähmaschine kam komplett an,allerdings mit diversen Transportschäden)
die werd´ ich heute Abend noch eintragen.

Irre ich mich, oder ist der ZZ-Hebel aus Alu-Guss abgebrochen? Bei meiner war das der Fall, weil die gesamte ZZ-Einheit aus Alu im Gusseisenkopf festgefresssen war (vermutlich durch Kontaktkorrosion).

@ Hutzelbein

Die 206er (und auch die Pfaff 130), welche da wirklich die erste war, weiß man nicht so genau, gibt es erst so ab 1933 -34. Bei der 130er hat das Detlef (det) überzeugend dokumentiert:

https://www.hobbyschneiderin24.net/port ... 130+Mythos

lG Helmut

Re: Verifizierte Singer Seriennummern aus Wittenberge bis 1945 zur Baujahrbestimmung

Verfasst: Freitag 21. Dezember 2018, 22:15
von inch
Hosenkürzer hat geschrieben: Irre ich mich, oder ist der ZZ-Hebel aus Alu-Guss abgebrochen? Bei meiner war das der Fall, weil die gesamte ZZ-Einheit aus Alu im Gusseisenkopf festgefresssen war (vermutlich durch Kontaktkorrosion).
lG Helmut
Ja,der ist leider abgebrochen - und noch schlimmer - mir wink Beim Ausmessen der Armwelle auf Radialschlag kippte die Maschine plötzlich um und,na ja...
Ich habe heute mal ein wenig nach Kaufbelegen gesucht,hast PN.

Re: Verifizierte Singer Seriennummern aus Wittenberge bis 1945 zur Baujahrbestimmung

Verfasst: Freitag 21. Dezember 2018, 22:54
von det
Hallo hutzelbein,
hutzelbein hat geschrieben:Die 206 war die erste ZZ-Maschine, die Singer verkauft hat (vermutlich bereits um 1928 herum),
wie kommst du zu dieser Vermutung?

Hast du dazu Quellen?

Gruß
Detlef

Re: Verifizierte Singer Seriennummern aus Wittenberge bis 1945 zur Baujahrbestimmung

Verfasst: Samstag 22. Dezember 2018, 00:40
von inch
Ein wenig Lesestoff aus der Österreichischen Nähmaschinen- und Fahrrad-Zeitung:

Re: Verifizierte Singer Seriennummern aus Wittenberge bis 1945 zur Baujahrbestimmung

Verfasst: Samstag 22. Dezember 2018, 00:53
von hutzelbein
GerdK hat geschrieben:Wow, fast 400,- RM. Das war m.W. viel Geld damals für eine Familie. Nach der Liste hier:
https://www.was-war-wann.de/historische ... slohn.html
..verdiente ein Arbeiter 1941 nur 161,- RM im Monat. Also 2,5 Monatslöhne, das wären heute etwa 6000,- EUR, vom Nettoeinkommen gerechnet.

Viele Grüße, Gerd
Ich habe so gerechnet: 397 * 3,9 = 1548 Euro
https://www.bundestag.de/blob/459032/1d ... f-data.pdf
inch hat geschrieben:
Hosenkürzer hat geschrieben: Irre ich mich, oder ist der ZZ-Hebel aus Alu-Guss abgebrochen? Bei meiner war das der Fall, weil die gesamte ZZ-Einheit aus Alu im Gusseisenkopf festgefresssen war (vermutlich durch Kontaktkorrosion).
lG Helmut
Ja,der ist leider abgebrochen - und noch schlimmer - mir wink Beim Ausmessen der Armwelle auf Radialschlag kippte die Maschine plötzlich um und,na ja...
Der ZZ-Hebel ist gebrochen. Den kannst du aber mit einem Stück 3cm Durchmesser ALU-Rundstange (gibt es z.B. bei Pro Kilo) nachbauen. Ich bräuchte dafür geschätzt etwa 2 Stunden Arbeit, um so einen Hebel nachzubauen. Die Zick-Zack Lagerbuchse, die sich dahinter versteckt, und mit der Helmut Probleme hatte, habe ich so auch bereits mal originalgetreu nachgebaut. Das waren etwa 8 Stunden Arbeit, die ich dafür brauchte. Das Teil ist aus Grauguss und geht relativ schnell defekt, wenn man es mit Gewalt versucht. Diese Lagerbuchse wurde bei der Herstellung dick von allen Seiten mit Fett eingeschmiert und dieses Fett ist nach etwa 90 Jahren eingetrocknet. Bei Wilhelm Renters steht, man solle diese Buchse nur vorsichtig (von hinten) rausdrücken. Das hat er Anfang der 50er Jahre geschrieben. Damals war das Fett vermutlich noch nicht eingetrocknet. Ich wollte es mit Hitze im Backofen noch versuchen, dieses Teil bei zwei weiteren Maschinen rauszubekommen. Das muss nicht unbedingt sein, weil man den ZZ-Mechanismus auch mit viel Petroleum wieder gängig bekommt. Ich will es aber trotzdem machen, weil ich den Rest der Maschinen, bis auf die Armwelle, bereits komplett zerlegt und wieder zusammengebaut habe und dabei fast jedes Schräubchen geputzt habe. Mit etwas Übung geht das relativ leicht. Die Maschinen laufen jetzt bereits wieder perfekt. Aber das genügt mir noch nicht. Ich will sie auch optisch wieder perfekt aufmotzen. Deshalb ist für mich jedes Detail wichtig.

Ich vermute deine Maschine ist nur umgekippt, weil sie nicht perfekt auf allen Füßchen stand.

Bevor du die Maschine wegwirfst, melde dich bei mir. Allein zwecks Übung solltest du versuchen, die ganze Maschine zu zerlegen. Das Wissen was du dabei bekommst, ist sehr wertvoll. Und auch jedes Einzelteil oder sogar Schräubchen kann es sein. Ich kenne inzwischen fast jedes Schräubchen. Die Komplettzerlegung und der Zusammenbau geht inzwischen auch relativ schnell.

Ich könnte die kleine Transporteurhebegabel als Ersatzteil gebrauchen. Die ist in einer meiner Maschine gebrochen, weil ich bei der ersten Demontage der Greiferantriebswelle unvorsichtig war. Die habe ich auch wieder geflickt (mit einem PC Slotblech umhüllt, dann noch verschraubt und zusätzlich mit Haftstahl verklebt). Funktioniert wieder einwandfrei und sieht sogar wieder schön aus. Nur wenn ich die Maschine mal verkaufen will, bekomme ich vermutlich ein Problem, weil ich erklären müsste, dass diese Gabelstange einen Bruch hatte. Ich könnte diese Gabelstange vermutlich auch perfekt nachbauen. Alumaterial ist aber vermutlich für diesen Zweck etwas weich und außerdem wäre das auch viel Arbeit.
Hosenkürzer hat geschrieben: @ Hutzelbein

Die 206er (und auch die Pfaff 130), welche da wirklich die erste war, weiß man nicht so genau, gibt es erst so ab 1933 -34. Bei der 130er hat das Detlef (det) überzeugend dokumentiert:

https://www.hobbyschneiderin24.net/port ... 130+Mythos

lG Helmut
Ich habe dazu sogar gelesen, dass Singer an Pfaff für die Doppelumlaufgreifer-Technologie Lizenzgebühren gezahlt haben soll. Weiß nicht mehr wo und wann ich das gelesen habe. Könnte sein, dass das auch auf einer englischen Seite stand.
det hat geschrieben:Hallo hutzelbein,
hutzelbein hat geschrieben:Die 206 war die erste ZZ-Maschine, die Singer verkauft hat (vermutlich bereits um 1928 herum),
wie kommst du zu dieser Vermutung?

Hast du dazu Quellen?

Gruß
Detlef
Viel mehr als im Nähmaschinenverzeichnis steht, weiß ich auch nicht.

Re: Verifizierte Singer Seriennummern aus Wittenberge bis 1945 zur Baujahrbestimmung

Verfasst: Samstag 22. Dezember 2018, 02:13
von hutzelbein
Eine wahre Fundgrube:
http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=onf

Nur Singer war bei der österreichischen Nähmaschinenzeitung nicht besonders gelitten. An die deutsche Nähmaschinenzeitung kommt man nicht einfach heran. Auf englischen Seiten findet man vermutlich mehr.

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The first Singer Zigzag: Model 206
http://myperfectstitch.blogspot.com/201 ... l-206.html

Irgendwo habe ich gelesen, dass die Singer 206D vor dem Krieg nicht nach USA exportiert wurde.
In UK wurde die 206K scheinbar auch erst später eingeführt, so etwa um 1937 herum. Das sieht man auch. Der ZZ-Hebel sieht bei der 206K etwas schöner aus und der Spuler ist nicht mehr der von der Singer 66.
Singer purchased he basic Pfaff #130 patent in the 1930's with the provision that it not be completely identical, hense the needle situation, The same fiasco occurred in 1956 when Singer was designing the #401 "Slant-O-Matic".. The cam-stack was a patent purchased from Bernina, another mechanism from the Italian firm Vigorelli and the Brother company was suing Singer. It's a wonder the machine was ever produced. It was ready for Christmas 1957 ( It amazes me when Ebay sellers tell prospective buyers it was made in 1951 )...
Wenn das stimmt, könnte die Beschreibung im Nähmaschinenverzeichnis ("Modell von 1930") auch falsch sein. Ich besitze jedenfalls eine Maschine, die älter sein muss, als die Maschine, die im Nähmaschinenverzeichnis abgebildet ist. Erkennbar an einem unverzierten Kopfdeckel und an einer gekrümmten Transporteurschiebewelle. Deutschland war scheinbar der Testmarkt für die Markteinführung.

Wer eine Pfaff 130 gut kennt, kennt auch eine Singer 206D relativ schnell gut. Bei der Singer 206D gibt es anders als bei der Pfaff 130 keine Pleuelstangen, die hinter dem großen Schnurkettenrade auf der Armwelle den Transporteur bewegen. Das könnte der Grund sein, warum die Singer 206D noch einen Tick leichtgängiger funktioniert.

Re: Verifizierte Singer Seriennummern aus Wittenberge bis 1945 zur Baujahrbestimmung

Verfasst: Samstag 22. Dezember 2018, 03:52
von hutzelbein
OFFTOPIC:
Danach habe ich lange gesucht und jetzt zufällig gefunden. Ein großer Test der Stiftung Warentest aus dem Jahre 1966.
Insgesamt 24 Nähmaschinen wurden im Dauereinsatz getestet. 14 Seiten von diesem Test gibt es hier zum Download:

Historischer Test Nr. 1 (April 1966): Zick-Zack-Nähmaschinen – Jede dritte ein Japaner
https://www.test.de/Historischer-Test-N ... 4643978-0/