Moin,
das hatte ich mal im blauen Forum geschrieben und habe es gerade aktualisiert:
Gelegentlich kommt die Frage, wie man eine Starkstrom-/Drehstrommaschine an 230 Volt Lichtstrom betreibt.
Ich habe den Motor meiner Pfaff 145 umgeklemmt und bei der Gelegenheit ein paar Fotos gemacht.
Disclaimer: Wer bei Strom an die Elbe, bei Schutzerde an Greenpeace und bei Mikrofarad an Stützräder denkt oder Multimeter für 'ne Entfernungsangabe hält sollte mal eine Zeit lang regelmäßig am Training und an Vereinsversammlungen teilnehmen und sich dort umhören, wer von berufswegen weiß, wie sich 230 Volt anfühlen.
Die Fotos sollen nur die Anschlussbelegungen zeigen, das Ganze wird bei Gelegenheit noch hypsch gemacht und bis dahin nicht benutzt. Bei anderen Motoren mag der Anschlusskasten anders aussehen.
Bild 1 zeigt den im Deckel des Anschlusskästchens eingeklebten Schaltplan. Mit Drehstrom lief der Motor in der Sternschaltung.
Bild 2 zeigt den geöffneten Anschlusskasten. Drehstromzuleitung und Strombrücken sind entfernt.
Bild 3 zeigt das gleiche mit Kunstlicht, damit man die Kabelfarben besser erkennt.
Bild 4: Die Strombrücken sind für die Dreieckschaltung aufgelegt. Bei der Sternschaltung war eine Strombrücke doppelt gelegt, so dass sich die drei für das Dreieck nötigen Brücken im Kasten fanden.
Bild 5: Der Kondensator ist angeklemmt. Nach Lektüre aller auffindbaren Seiten im Netz habe ich mich für einen 40uF Kondensator entschieden bei einem 240-Watt-Motor. Die Faustregel besagt, 60 bis 80 uF pro Kilowatt Motorleistung. Das hätte bei den 240 Watt hier eine Auswahl zwischen 14,4 und 19,2 uF ergeben. Großzügig gerundet also 15 bis 20 uF. Die 40 uF sollten die Eigenschaft von Start- und Betriebskondensator kombinieren und für mehr Drehmoment sorgen. Das hat nicht funktioniert. Der Motor wurde im Leerlauf heiß, hat also schon unbelastet mehr Hitze produziert als der Ventilator abführen konnte. Fachleute die ich befragt habe tippten auf verschlissene Lager oder verstopfte Lüftungskanäle. Ich habe den Motor dann weggeworfen und durch einen Kobold 0,37 kW ersetzt. Der Motor war unschuldig, ich hatte nur den Kondensator deutlich überdimensioniert.
Unterhalb einer gewissen Kondensatorgröße laufen die Motoren gar nicht erst an, oberhalb einer gewissen Größe gibt es kein zusätzliches Drehmoment mehr sondern nur mehr Hitze. Schließlich wirkt der Kondensator nur auf eine Wicklung. Mit 15 bis 25 uF sind meine 370-Watter gut gelaufen. Mit 10 uF sind sie etwas langsam gestartet, ab 30 uF wärmer geworden, als ich gut fand. Als besten Kompromiss habe ich 20 uF empfunden. Vergleiche der Stichkraft wurden jeweils durch den Füßchenhub limitiert, nicht durch die Motorkondensatoren.
Der im Internet oft zu findende Hinweis, dass das Anlaufdrehmoment der einphasig laufenden Drehstrommotoren nur ein Drittel des Nenndrehmonentes ausmache, ist für den Nähmaschinenantrieb völlig wurscht. Schließlich wird die Nähmaschine erst eingekuppelt, wenn der Motor seine Drehzahl schon erreicht hat. Und die Nenndrehzahl ist in ein bis zwei Sekunden erreicht. Also einschalten, umgreifen zum Nähgut, und schon summt es gleichmäßig mit 700, 1400 oder 2800 Umdrehungen.
Beim Nähen von 23 Lagen Lkw-Plane (a 400 g/m2) mit der Pfaff 145 habe ich eine maximale Stromaufnahme von 1,1 Ampere gemessen. Das liegt deutlich unter den bei diesem Motor für 230 Volt vorgegebenen 1,7 Ampere. Eine nennenswerte Erwärmung fand auch nicht statt.
Je nach herangezogener Ratgeberseite hätten auch 17 uF, 20 uF, 25 uF gereicht. Als Faustregel taugt nach Ansicht eines befreundeten Stromers 1 uF pro 10 Watt Motorleistung. Beim Anschluss an YX dreht der Motor im Uhrzeigersinn, beim Anschluss an YZ gegen den Uhrzeigersinn. Der Kondensator hat 10 Euro gekostet.
Bild 6: provisorische Kondensatorauflage. Wahrscheinlich wird er hier auch dauerhaft befestigt. Die Schraube am Kondensator-Kopfende wird ebenfalls noch mit Masse verbunden.
Bild 7: 230 Volt Zuleitung angeklemmt. Braun an V, blau an U, gelbgrün an Masse oberhalb der Anschlussreihe am metallenen Motorgehäuse.
Bild 8: Die ursprünglichen aus der Litze gedrehten Anschlussösen des Drehstromkabels.
Diese Ratgeberseiten hatte ich ausgedruckt:
http://www.e-plan.josefscholz.de/Steinm ... ltung.html
http://kellerwerker.de/baubeschreibunge ... schaltung/
Bei den ersten Versuchen brummte der Motor nur, ohne dass die Sicherung flog oder der FI ansprach. Des Rätsels Lösung: Ich hatte den Motor öffnen wollen, um ihn innen von Staub zu säubern. Die Schrauben ließen sich herausdrehen, der Deckel verdrehen, aber nur etwa 2 mm abziehen. Weiter ging's nicht. Als ich das alles wieder zurückgeschoben und geschraubt hatte, lief auch der Motor an. Offenbar sitzt ein Lager im Deckel und war bei meinem Demontageversuch verkantet.
In meinem Bekanntenkreis gibt es drei Sorten Stromer:
1: Elektriker - faselt ständig von VDE 100 und dass er einem Kunden, der eine zusätzliche Steckdose möchte, erstmal die ganze Wohnung abklemmt. Die neue Steckdose würde den Bestandsschutz erlöschen lassen, und dann müsste alles komplett neu - nicht unter 5000 Euro zu schaffen (ohne die anschließend nötige malermäßige Renovierung). Wo der Kunde während der Arbeiten wohnt - nicht sein Problem. Spricht lässig von Müff statt Mikrofarad. Freut sich bei solchen Motor-Freundschaftsdiensten über die ausgedruckten Ratgeberseiten. Natürlich nur, um mal zu sehen, was die anderen Blödmänner für einen Unsinn geschrieben haben. Arbeitet glücklicherweise im Neubau, muss dort nur nach Plan gelb an gelb klemmen und den eigenen Worten nie Taten folgen lassen.
2: Elektrotechniker - hat im Studium an zimmergroßen Generatoren gearbeitet und übersieht den Nähmaschinenmotor erstmal. Freut sich über die ausgedruckten Ratgeberseiten und liest die ausführlich, misst den Motor durch und klemmt dann nach Gefühl die Kabel an. Schnuppert beim Probelauf ausdauernd und erklärt schließlich: "Riecht nicht verbrannt, ist also wohl richtig so." Sicherung und FI bleiben ruhig, also ist alles gut.
3: Elektriker: Wenn der Kunde eine zusätzliche Steckdose möchte bekommt er eine zusätzliche Steckdose. Weist dabei auf die noch erhalteten Reste der Vorkriegsinstallation hin und spekuliert mit dem Kunden, vor welchem Krieg das war. Tigert - den Blick zur abgehängten Decke - durch die Altbauwohnung und murmelt Beschwörungsformeln: "Wenn man vor 30 Jahren gepfuscht hat - wo ist dann der Verteiler?" (Liegt nur 5 cm daneben). E-Check oder VDE 100? "Is' billiger, wenn wir wiederkommen, wenn auch tatsächlich was nicht funktioniert." Freut sich über die ausgedruckten Ratgeberseiten, weil Elektrogeräten ja sonst auch eine Bedienungsanleitung beiliegt.
HTH
Gruß
Ralf C.
nicht ganz auf dem aktuellen Stand: Weiß nur, wie sich 220 Volt anfühlen.
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.