Nähmaschinentechnik-Forum

Liebe Nähmaschinenfreunde,

ich nähe gern Taschen und verwende dafür meine alte Singer 201K und meine Singer 237.
Wenn man Haushaltsnähmaschinen betrachtet, sind diese Modelle oder andere ältere Modelle modernen eher hochpreisigen Nähmaschinen, z.B. Bernina 555, 570 oder 770, in der Durchstichkraft noch überlegen, oder kann eine moderne "Plastik"-Nähmaschine durch Untersetzung o.a. da noch mithalten?
Kürzlich sagte mir eine sehr näherfahrene Person, dass diese modernen Maschinen nicht die Durchstichkraft wie die alten Eisenschweinchen-Geradstichnähmaschinen hätten. In einem Forum las ich über einen der modernen Juki-Schnellnäher (nicht die Industrie-Schnellnäher, sondern so etwas wie die Sumato o.ä.), dass sie nicht mithalten könnten. Stimmt das?
Wäre sehr interessiert, dazu mehr zu erfahren.

Kurze Antwort:
Ja

Die neuen sind i.d.R. um einen Druckguss- oder geprägten Blechrahmen herum gebaut der die Kräfte nicht so aufnehmen kann und sich verwindet.

Gruß, Achim

Wo man auch erwähnen sollte, daß bei den meisten heutigen Nähmaschinen (meist Haushaltsnähmaschin) Kunststoffzahnräder verbaut sind und die mögen nicht unbedingt schwere Näharbeiten im Gegensatz zu den alten singer Eisenschweine

Benno1 hat geschrieben: ↑Montag 13. Februar 2023, 21:14 Wo man auch erwähnen sollte, daß bei den meisten heutigen Nähmaschinen (meist Haushaltsnähmaschin) Kunststoffzahnräder verbaut sind und die mögen nicht unbedingt schwere Näharbeiten im Gegensatz zu den alten singer Eisenschweine

Hallo,
die Durchstichskraft moderner Haushaltsnähmaschinen dürfte häufig höher sein als die alter Haushaltsnähmaschinen. Zumindest bei den teureren Modellen, also alles ab 1/2 Monatslohn aufwärts und teils auch darunter.
Ein Gleichstrommotor in Kombination mit einem Zahnriemen bringt mehr Kraft an die Nadel als ein alter (Rucksack)motor mit Keilriemen oder Lederriemen im Tretantrieb.
Wenn das Nähgut zu dick wird dann rutscht der Keil- oder Lederriemen einfach durch, während der Zahnriemen immer noch "packt".

Aaaber: Eine alte Vollmetallnähmaschine kann auf Dauer die auftretenden Kräfte viel besser "verkraften" als eine moderne Nähmaschine mit hohem Kunststoffanteil.

Darum kann man sie mit einem stärkeren Motor "pimpen", früher nahm man einen großen Anlassermotor a la Georgii Kobold und baute die unter die Tischplatte und heute nimmt man (z.B. Achim) kräftige Gleichstrommotoren und gibt so den alten Eisenschweinen mehr Power.

js_hsm hat geschrieben: ↑Montag 13. Februar 2023, 20:50 Die neuen sind i.d.R. um einen Druckguss- oder geprägten Blechrahmen herum gebaut der die Kräfte nicht so aufnehmen kann und sich verwindet.

Häufig (immer?) findet man einen Alurahmen im Inneren, der macht meist einen ziemlich stabilen Eindruck. Ich glaube nicht, dass sich der verwindet. Habe ich zumindest noch nie gesehen. Aber die drumherum gebauten Blech-Stanzteile tun das schon und die Kunststoffverkleidungen sorgen für manchmal unschöne Geräuschkulisse.

Benno1 hat geschrieben: ↑Montag 13. Februar 2023, 21:14 Wo man auch erwähnen sollte, daß bei den meisten heutigen Nähmaschinen (meist Haushaltsnähmaschin) Kunststoffzahnräder verbaut sind und die mögen nicht unbedingt schwere Näharbeiten im Gegensatz zu den alten singer Eisenschweine

Wobei es auch dort Qualitätsunterschiede gibt. Ich habe beispielsweise schon viele Pfaff Tipmatic/Hobbymatic/Duomatic-Modelle aufgemacht und der Greiferantrieb hat noch nie Probleme bereitet, obwohl da zwei Kunststoffräder verbaut sind.
Dabei sind diese Modelle für eine hohe Durchstichskraft bekannt.

Gruß
Detlef

det hat geschrieben: ↑Dienstag 14. Februar 2023, 08:13 Häufig (immer?) findet man einen Alurahmen im Inneren, der macht meist einen ziemlich stabilen Eindruck. Ich glaube nicht, dass sich der verwindet. Habe ich zumindest noch nie gesehen. Aber die drumherum gebauten Blech-Stanzteile tun das schon und die Kunststoffverkleidungen sorgen für manchmal unschöne Geräuschkulisse.

Alurahmen...
Druckguss aus Alu- oder Zinklegierung.
Schau mal nach den Festigkeiten der Werkstoffe gegenüber Stahl bzw. Gusseisen.

Wir können gerne bei beiden Versionen mal eine Meßuhr unter den Arm bauen und oben mit ein paar Kilo belasten um das zu verifizieren oder entkräften.

Gruß, Achim

Moin,

js_hsm hat geschrieben: ↑Dienstag 14. Februar 2023, 09:42Alurahmen...
Druckguss aus Alu- oder Zinklegierung.
Schau mal nach den Festigkeiten der Werkstoffe gegenüber Stahl bzw. Gusseisen.

Wir können gerne bei beiden Versionen mal eine Meßuhr unter den Arm bauen und oben mit ein paar Kilo belasten um das zu verifizieren oder entkräften.

die Frage ist doch nur, ob sich die geringere Festigkeit im Alltagsbetrieb bemerkbar macht und da habe ich meine Zweifel, aber lasse mich gerne eines Besseren belehren.

Gruß
Detlef

Wenn man Haushaltsnähmaschinen betrachtet, sind diese Modelle oder andere ältere Modelle modernen eher hochpreisigen Nähmaschinen, z.B. Bernina 555, 570 oder 770, in der Durchstichkraft noch überlegen, oder kann eine moderne "Plastik"-Nähmaschine durch Untersetzung o.a. da noch mithalten?

Hochpreisige und mittelpreisige Nähmaschinen haben einen stärkeren Motor als ältere Modelle und schon dadurch eine höhere Durchschlagkraft. Ein Plastikgehäuse sagt über die Qualität beziehungsweise Kraft überhaupt nichts aus. Die inneren Werte sind entscheidend.

Kürzlich sagte mir eine sehr näherfahrene Person, dass diese modernen Maschinen nicht die Durchstichkraft wie die alten Eisenschweinchen-Geradstichnähmaschinen hätten.

Falsch.

In einem Forum las ich über einen der modernen Juki-Schnellnäher (nicht die Industrie-Schnellnäher, sondern so etwas wie die Sumato o.ä.), dass sie nicht mithalten könnten. Stimmt das?

Nein.

Wäre sehr interessiert, dazu mehr zu erfahren.

Zu solchen Fragen wird leider viel Unsinn behauptet, was sachlich schlicht nicht stimmt. "Früher war alles besser". Wie so häufig schlägt Falschwissen aber Sachlichtkeit.

Lutz vom Nähmaschinenverzeichnis hat mal einen Test mit verschiedenen Maschinen gemacht:
https://www.youtube.com/watch?v=ZWrhIggDgQs

Die Haushalts-Plaste-Brother hat die zwei Lagen Feuerwehr-Schlauch nicht überlebt...

Ohnehin denke ich, daß mehr als nur die Durchschlagskraft wichtige Kriterien zur Beurteilung der Qualität einer Nähmaschine sind:

Vollmetall (Kurbelwelle) schlägt Synchroflex oder Schnurkette, Zahnräder aus Stahl oder gutem Nylon sind besser als schlecht alternde Kunststoffe, Direktantrieb oder Keil/Zahnriemen schlägt Reibrad und Mechanik hält länger als anfällige Elektronik (auslaufende Elkos etc.).

Mein 120 Jahre altes Gritzner-Bogenschiffchen näht immer noch wunderschöne Nähte; wie sich gleich alte zeitgenössische Nähmaschinen nach so langer Zeit bewähren werden?

Irgendwo gegen Ende der 60er Jahre endet das goldene Zeitalter der "für die Ewigkeit" gebauten Haushalts-Nähmaschine und von da an gings qualitativ bergab.

Andererseits muss man natürlich auch die Preise mit einbeziehen, wir hatten hier mal festgestellt, daß eine Pfaff 230 inflationsbereinigt damals weit über 2000€ gekostet hat, da darf man sicher auch mehr Qualität erwarten, als bei heutigen Sonderangeboten zu einem Bruchteil des Preises.

Daß man heutzutage eine tolle Maschine aus den 50ern oder 60ern für unter 50€, teilweise sogar geschenkt bekommt, liegt halt einfach daran, daß häusliches Nähen durch fast fashion weitgehend verdrängt wurde und die Erben solcher Maschinen nur in den seltensten Fällen etwas damit anfangen können.

Ich denke auch dass jeder bei hoher "Durchstichsakraft" eine eigene Vorstellung hat.
Manche denken an 8 Lagen Jeans, andere an 4 Lagen Leder (zusammen >=4mm) und wieder andere an 6..8 Lagen Persenningstoff.