Verharztes Fett
Verfasst: Sonntag 13. Mai 2018, 22:17
Verharztes Fett:
Als Fahrradmechaniker habe ich oft mit älteren verharzten, dadurch nicht mehr einwandfrei funktionierenden mechanischen Bauteilen zu tun. Zum Beispiel
Fahrrad-Getriebenaben von Sachs aus den 50er-60ern, Schaltungshebeln von Shimano mit kleinen Federchen und Sperrklinken aus den 70ern usw. Die gleichen Probleme tauchen auch bei optischen Geräten und anderen älteren feinmechanischen Geräten auf. Die verwendeten Fette bei Ferngläsern und Kameras aus den 50ern sind in der Regel nicht langzeitstabil und verharzen:
Polymerketten zerfallen, Oxydation wirkt, oder Säure und Harzanteile verursachen Verkleben der Bauteile. (Bin kein Chemiker sondern Praktiker, woran es im Einzelfall bei den damals verwendeten Schmiermitteln liegt, ist für mich unmöglich herauszukriegen)
Das gleiche Problem gibt’s bei NÄHMASCHINEN
Als erste Massnahme wird gerne ein Kriechöl wie zb WD40, Caramba oder MOS2 oder auch schon mal „Universalöl, löst alles“ verwendet.
Diese Mittel sind durchaus hilfreich, haben aber in der Regel selbst zuwenig Schmierwirkung für Lager, da zu dünn und nicht hochdruckfest. Der Schmierfilm reisst bei höherer Belastung und Lager laufen heiß oder trocken. Schmierwirkung wird allerdings noch durch die Durchmischung mit den alten Fetten/Ölen erzeugt.
In diversen Foren wird oft PETROLEUM zum Reinigen und Gängigmachen von alten Maschinen empfohlen.
Der Super-Vorteil ist tatsächlich, das Petroleum (Vorsicht, das ist ein deutscher Begriff, Inhaltstoffe sind sehr unterschiedlich, siehe „Lampenpetroleum“) nicht komplett enfettet! In der Regel löst Petroleum aber bei längerer Einwirkung einigermassen gut altes Fett. (daher wird es auch gerne in anderen Bereichen z.B. für Motoren und Getriebe zum „Waschen“ verwendet. Die in diesen Bereichen auch oft verwendeten professionellen Kaltreiniger sind mir übrigens für Nähmaschinen übers Ziel hinausgeschossen, verwende ich normalerweise nicht. ) Nach Durchmischung bleibt also bei Petroleum meist immer noch ein einigermassen guter Schmierfilm mit alten Fettbestandteilen erhalten...
Zur wirklich kompletten Säuberung hat sich in der Praxis „Bremsenreiniger“ (aus dem Automobil oder Motorrad-Bereich), stark entfettend, zum Anlösen und Verdünnen alter verharzter Fette bewährt: besteht in der Regel aus Alkoholen zb. Isopropanol und Fraktionsdestillaten zB. Naphta, einfach zu handhaben, gesundheitlich einigermassen unbedenklich, aber nur bei korrekter Anwendung. Meist als Spray (Aerosol), also gut lüften und Anwendungsvorschriften auf jeden Fall beachten! Möglichst nicht Alles Einnebeln, sondern gezielt verwenden.
Anschließend mit modernen Kriechölen bzw. Schmiermitteln etwas nachhelfen, möglichst mit Feststoffanteilen – wie z.B Graphit oder Teflon - (sinnvoll weil dadurch Notlauf-Eigenschaften bei Trockenlaufen oder Heisslaufen (zB. würth HS 5000) Teflon ist allerdings umwelttechnisch nicht unproblematisch...
„Moderne“ Nanopartikel in Schmiermitteln halt ich im Übrigen bei alten Nähmaschinen für völlig daneben! Wir haben schon genug Plastik in den Weltmeeren. (egal was der jeweilige Hersteller verspricht, Finger weg von solchen Schmiermitteln!)
Falls sich überhaupt nix löst:
Extrem kriechfähig und wirksam sind OXYDATIONSLÖSER, wie sie in der Elektronik für vergammelte alte elektrische Kontakte verwendet werden.
(Als Beispiel hochwirksames „Kontaktol“ von Würth,.. bei diversen Anbietern wie Conrad, Reichelt usw. findet man da so allerlei), das Zeug verdunstet dann wieder, ist nur zum Lösen sinnvoll!
Diese Mittel sind meist deutlich kriechfähiger als alle Profi-Rostlöser – diese sollen ja auch noch chemisch Rost unterwandern, den haben wir aber in der Regel bei alter Nähmaschinenmechanik nicht. Hier zweckentfremdet! lösen sie sehr gut verklebte festsitzende unzugängliche Lager...
Natürlich gibt’s noch andere sehr gute Kriechöle von diversen namhaften Herstellern wie z.B. Brunox, RSP , Kontakt Chemie etc.... Spezialisierte Schmiermittelhersteller gibt es etliche. Will sie jetzt nicht alle auflisten... Allerdings in Berufspraxis ziemlich viele getestet, daher Markennamen nur als Orientierungshilfe.
Für den eigentlichen Einsatzzweck sind Oxydationslöser eh zu empfehlen: schlecht arbeitende elektrische Fußpedale, ruckartig anlaufende Motoren etc. das liegt oft an zu hohen elektrischen Widerständen durch oxydierte Kontakte. Mittel wie „Kontaktol“ von Würth oder recht teures „Deoxit“ wirken da aus eigener Erfahrung wahre Wunder!. Ausnahmsweisen Link dazu, der nicht nur Werbung ist: (https://www.ebay.de/gds/Kontaktspray-Ca ... 338/g.html)
Noch ein Tipp:
sogenannte „Fein-öle“ oder auch „Putz-Öle“ wie zb „Atlantic Radglanz“ oder zB. vom niederlänischen Hersteller Cyclon „Poets Olie“ sind sone Art klassische harz und säurefreie Fahrrad und Nähmaschinenöle, nur deutlich! dünnflüssiger, eigentlich nur zum Säubern gedacht... Das bringt sone alte Singer oder Phönix auch außen auf Hochglanz ;-) !
Die vertragen sich in der Praxis aber meist ganz gut in der Durchmischung mit alten Nähmaschinenölen zum Gängigmachen! Einige Mechaniker schwören auf diese „Putzöle“ statt Petroleum oder moderne “Kriechöle“ (wie das bekannteste WD40),
da sie in der Durchmischung mit altem Öl/Fett wohl dünnere, druckfestere Filme ergeben, harz und säurefrei sind und außerdem trotzdem das verharzte alte Zeug gut gängig kriegen.
(der eigentliche Zweck ist ja einen hochfeinen, dauerhaften Glanzfilm zu hinterlassen, daher diese Eigenschaften)
Ballistol wird auch oft empfohlen. Ist ein Paraffinöl bzw Weißöl. Super Zeugs. Zur Langzeitkonservierung von unbehandelten Metalloberflächen sehr erfolgreich, auch als klassisches „Waffenöl“ bekannt. Tolle Schmierwirkung, löst auch ganz gut alte Fette auf.
Gesundheitlich absolut unbedenklich, jedoch würd ich es für alte Nähmaschinen normalerweise nicht verwenden, da die Wechselwirkung zwischen dem „Wachsöl“ und altem unbekannten „Harzöl“ zu erneutem Verkleben führen kann. Ebenso bitte keine Silikonöle!
Gern mal Chemiker-Kommentare, das sind meine Meinung und Erfahrung subjektiv aus der Praxis Fahrrad u Nähmaschine...
(näh mit Haushaltsmaschinen Phönix, Anker, Pfaff, Ideal Brother, Meister, Elna vor allem segel und Planen)
Als Fahrradmechaniker habe ich oft mit älteren verharzten, dadurch nicht mehr einwandfrei funktionierenden mechanischen Bauteilen zu tun. Zum Beispiel
Fahrrad-Getriebenaben von Sachs aus den 50er-60ern, Schaltungshebeln von Shimano mit kleinen Federchen und Sperrklinken aus den 70ern usw. Die gleichen Probleme tauchen auch bei optischen Geräten und anderen älteren feinmechanischen Geräten auf. Die verwendeten Fette bei Ferngläsern und Kameras aus den 50ern sind in der Regel nicht langzeitstabil und verharzen:
Polymerketten zerfallen, Oxydation wirkt, oder Säure und Harzanteile verursachen Verkleben der Bauteile. (Bin kein Chemiker sondern Praktiker, woran es im Einzelfall bei den damals verwendeten Schmiermitteln liegt, ist für mich unmöglich herauszukriegen)
Das gleiche Problem gibt’s bei NÄHMASCHINEN
Als erste Massnahme wird gerne ein Kriechöl wie zb WD40, Caramba oder MOS2 oder auch schon mal „Universalöl, löst alles“ verwendet.
Diese Mittel sind durchaus hilfreich, haben aber in der Regel selbst zuwenig Schmierwirkung für Lager, da zu dünn und nicht hochdruckfest. Der Schmierfilm reisst bei höherer Belastung und Lager laufen heiß oder trocken. Schmierwirkung wird allerdings noch durch die Durchmischung mit den alten Fetten/Ölen erzeugt.
In diversen Foren wird oft PETROLEUM zum Reinigen und Gängigmachen von alten Maschinen empfohlen.
Der Super-Vorteil ist tatsächlich, das Petroleum (Vorsicht, das ist ein deutscher Begriff, Inhaltstoffe sind sehr unterschiedlich, siehe „Lampenpetroleum“) nicht komplett enfettet! In der Regel löst Petroleum aber bei längerer Einwirkung einigermassen gut altes Fett. (daher wird es auch gerne in anderen Bereichen z.B. für Motoren und Getriebe zum „Waschen“ verwendet. Die in diesen Bereichen auch oft verwendeten professionellen Kaltreiniger sind mir übrigens für Nähmaschinen übers Ziel hinausgeschossen, verwende ich normalerweise nicht. ) Nach Durchmischung bleibt also bei Petroleum meist immer noch ein einigermassen guter Schmierfilm mit alten Fettbestandteilen erhalten...
Zur wirklich kompletten Säuberung hat sich in der Praxis „Bremsenreiniger“ (aus dem Automobil oder Motorrad-Bereich), stark entfettend, zum Anlösen und Verdünnen alter verharzter Fette bewährt: besteht in der Regel aus Alkoholen zb. Isopropanol und Fraktionsdestillaten zB. Naphta, einfach zu handhaben, gesundheitlich einigermassen unbedenklich, aber nur bei korrekter Anwendung. Meist als Spray (Aerosol), also gut lüften und Anwendungsvorschriften auf jeden Fall beachten! Möglichst nicht Alles Einnebeln, sondern gezielt verwenden.
Anschließend mit modernen Kriechölen bzw. Schmiermitteln etwas nachhelfen, möglichst mit Feststoffanteilen – wie z.B Graphit oder Teflon - (sinnvoll weil dadurch Notlauf-Eigenschaften bei Trockenlaufen oder Heisslaufen (zB. würth HS 5000) Teflon ist allerdings umwelttechnisch nicht unproblematisch...
„Moderne“ Nanopartikel in Schmiermitteln halt ich im Übrigen bei alten Nähmaschinen für völlig daneben! Wir haben schon genug Plastik in den Weltmeeren. (egal was der jeweilige Hersteller verspricht, Finger weg von solchen Schmiermitteln!)
Falls sich überhaupt nix löst:
Extrem kriechfähig und wirksam sind OXYDATIONSLÖSER, wie sie in der Elektronik für vergammelte alte elektrische Kontakte verwendet werden.
(Als Beispiel hochwirksames „Kontaktol“ von Würth,.. bei diversen Anbietern wie Conrad, Reichelt usw. findet man da so allerlei), das Zeug verdunstet dann wieder, ist nur zum Lösen sinnvoll!
Diese Mittel sind meist deutlich kriechfähiger als alle Profi-Rostlöser – diese sollen ja auch noch chemisch Rost unterwandern, den haben wir aber in der Regel bei alter Nähmaschinenmechanik nicht. Hier zweckentfremdet! lösen sie sehr gut verklebte festsitzende unzugängliche Lager...
Natürlich gibt’s noch andere sehr gute Kriechöle von diversen namhaften Herstellern wie z.B. Brunox, RSP , Kontakt Chemie etc.... Spezialisierte Schmiermittelhersteller gibt es etliche. Will sie jetzt nicht alle auflisten... Allerdings in Berufspraxis ziemlich viele getestet, daher Markennamen nur als Orientierungshilfe.
Für den eigentlichen Einsatzzweck sind Oxydationslöser eh zu empfehlen: schlecht arbeitende elektrische Fußpedale, ruckartig anlaufende Motoren etc. das liegt oft an zu hohen elektrischen Widerständen durch oxydierte Kontakte. Mittel wie „Kontaktol“ von Würth oder recht teures „Deoxit“ wirken da aus eigener Erfahrung wahre Wunder!. Ausnahmsweisen Link dazu, der nicht nur Werbung ist: (https://www.ebay.de/gds/Kontaktspray-Ca ... 338/g.html)
Noch ein Tipp:
sogenannte „Fein-öle“ oder auch „Putz-Öle“ wie zb „Atlantic Radglanz“ oder zB. vom niederlänischen Hersteller Cyclon „Poets Olie“ sind sone Art klassische harz und säurefreie Fahrrad und Nähmaschinenöle, nur deutlich! dünnflüssiger, eigentlich nur zum Säubern gedacht... Das bringt sone alte Singer oder Phönix auch außen auf Hochglanz ;-) !
Die vertragen sich in der Praxis aber meist ganz gut in der Durchmischung mit alten Nähmaschinenölen zum Gängigmachen! Einige Mechaniker schwören auf diese „Putzöle“ statt Petroleum oder moderne “Kriechöle“ (wie das bekannteste WD40),
da sie in der Durchmischung mit altem Öl/Fett wohl dünnere, druckfestere Filme ergeben, harz und säurefrei sind und außerdem trotzdem das verharzte alte Zeug gut gängig kriegen.
(der eigentliche Zweck ist ja einen hochfeinen, dauerhaften Glanzfilm zu hinterlassen, daher diese Eigenschaften)
Ballistol wird auch oft empfohlen. Ist ein Paraffinöl bzw Weißöl. Super Zeugs. Zur Langzeitkonservierung von unbehandelten Metalloberflächen sehr erfolgreich, auch als klassisches „Waffenöl“ bekannt. Tolle Schmierwirkung, löst auch ganz gut alte Fette auf.
Gesundheitlich absolut unbedenklich, jedoch würd ich es für alte Nähmaschinen normalerweise nicht verwenden, da die Wechselwirkung zwischen dem „Wachsöl“ und altem unbekannten „Harzöl“ zu erneutem Verkleben führen kann. Ebenso bitte keine Silikonöle!
Gern mal Chemiker-Kommentare, das sind meine Meinung und Erfahrung subjektiv aus der Praxis Fahrrad u Nähmaschine...
(näh mit Haushaltsmaschinen Phönix, Anker, Pfaff, Ideal Brother, Meister, Elna vor allem segel und Planen)