Pfaff 130 Verschleiß und Vibrationen (auch Pfaff 38/138/238)
Verfasst: Sonntag 3. November 2019, 14:57
Moinsen,
ich lese immer wieder vergnügt und erstaunt, wie leise und leicht Nähmaschinen bei anderen Forenten laufen, namentlich die Pfaff 130 und 230. Meine Pfaff 130 liegt vibratös etwa zwischen einem russischen Mi-8 Transporthubschrauber, einer Kalaschnikow und einem Schiffsdiesel, bei Vollgas erreicht sie Rauchmelderlautstärke.
Warum?
Mir sind ein paar Sachen aufgefallen, die eigentlich nicht sein können oder sollen:
Mit einem 3000-rpm-Anlassermotor erreicht die Maschine 2400 Stiche/Minute. Das klingt im Haus nach Bohrhammer. Eine ruhiger laufende Pfaff 260 klingt im Haus nach schleudernder Waschmaschine. Zu erwarten wären bei einem Übersetzungsverhältnis von 75:41 eher so 1600 Stiche/Minute. Der Anlassermotor allein erzeugt keine nennenswerten Vibrationen.
Mit einem Moretti-Rucksackmotor mit 6000 rpm kommt die Maschine auf 1900 Stiche/Minute. Schwergang können wir also wahrscheinlich ausschließen. Leiser ist diese Kombination auch nicht wirklich, jetzt wird der Motor sehr laut. Andere Rucksackmotoren aus meinem Bestand passen nicht, bei der einen Pfaff ist der Kniehebel im Weg, bei der anderen die Zierstichautomatik.
Beim Nähen wackelt der Zickzacksteller rhytmisch mit; bei höherem Nähtempo kann es passieren, dass die Maschine vom Geradstich in den leichten Zickzack wechselt; bei meiner zweiten (Zierstich) Pfaff 130, der 230 und der 330 sowie den beiden 138 ist das nicht der Fall. Bekomme ich einstweilen nicht weg justiert, finde ich auch in der Wartungsliteratur nirgendwo erwähnt, allerdings gibt es in den Weiten des Web so ein oder zwei Forenbeiträge auch von anderen dazu. Die Zierstich-130 kann allerdings so stark vibrieren, dass der Zickzacksteller in die Mittelstellung wandert.
Auch beim allerobersten Totpunkt der Nadelstange lässt ein Verstellen des Zickzackhebels die Nadelstange ganz leicht aber doch sichtbar seitlich ausschlagen. Soll laut Literatur nicht sein, ist aber bei allen meinen Pfaffen so.
Ich finde die Pfaff 130 ziemlich zickig, was die Greifereinstellung angeht. Meine 138, bei der ich mal nach einem Vergleichseindruck geschaut habe, lässt einen stumpfen, schartigen Greifer im Millimeterabstand an der Nadel vorbeitaumeln, näht damit aber einwandfrei und vibriert auch bei 700 Stichen/Minute kaum. (Schneller wird sie mit dem 1400rpm-Kupplungsmotor nicht, was nach dem Übersetzungsverhältnis auch so zu erwarten ist.)
Das Thema Vibrationen finde ich in der Wartungslitderatur nirgends. Pfaff-Prospekten ist nur indirekt zu entnehmen, dass die 130 vielleicht noch nicht der ganz große Wurf war:
Einer Prospektsammlung für die Oberbekleidungsbranche entnehme ich, dass der Pfaff Einzelmotortisch "wesentlich kräftiger als das gewöhnliche Handwerker-Tretgestell und deshalb Erschütterungen weniger ausgesetzt" ist. Die Tischplatte ist mit 42 Millimetern etwa doppelt so stark wie bei den Handwerkergestellen. Das Einzelmotorgestell hat zwei zusätzliche Querstreben und an diesen noch einmal eiserne Diagonalversteifungen. Mit Aussparungen für die kleinen Maschinen wurde das aber nicht angeboten.
Mein Handwerkergestell kl 130-2041 ist so weich, dass es in sich sichtbar verwinden kann und hängt in Höhe des Maschinenausschnittes durch.
Einem Pfaff-130 Prospekt entnehme ich, dass die Maschine für eine Höchstdrehzahl (Stichzahl) von 2200 UpM ausgelegt ist und einen Kraftbedarf von 1/5 PS hat, also 150 Watt. Diese Leistungsabgabe gibt es in den mir bekannten Anlassermotoren langsamstens mit 3000 rpm, und damit ist die Maschine ja schon zu schnell ;-)
Der Bedienungsanleitung für die Pfaff 138 entnehme ich, "stellt man die Maschine bei gelöster Schraube B zum Beispiel auf 2 mm Überstich ein und dreht die Schraube B fest, so ist diese Überstichbreite festgehalten und kann sich auch durch die Erschütterungen beim Nähen nicht verstellen". Also scheint das ja wohl bei dem einen oder anderen durchaus vorgekommen zu sein ;-) Schlingels. B ist die Schraube neben dem Zickzacksteller. Bei meiner Pfaff 130 klemmt die total, bei allen meinen Maschinen ist die kleine Rastnase am Zickzackzeiger so weit runter geschliffen, dass sie nicht mehr einrastet.
Einer Dissertation von ZhengZiMing entnehme ich, dass die obere Armwelle die Hauptquelle für Vibrationen ist und dass besser gewuchtete Ausgleichsmassen in Verbindung mit angepassten Gehäusekonstruktionen diese um 90 Prozent vermindern könnten. Das dürfte für die Pfaff 130 gaaaanz knapp zu spät kommen.
Dem Buch "Berechnung und Gestaltung von Gummifedern" von E.F.Göbel https://books.google.de/books?id=lxW1Bg ... en&f=false aus dem Springerverlag entnehme ich auf Seite 127, dass die Vibrationen an sich seit Jahrzehnten bekannt sind und dass ein Maximum bei etwa 700 spm, ein Minimum bein 1500 spm eintritt und es danach steil bergan geht mit der Randale. Gummifedern dämpfen dem Buch zufolge die Vibrationen jenseits von 1700 sp, wirkungsvoll, bis dahin ist die gedämpfte Maschine lauter als die ungedämpfte.
Einer Publikation von Zhi yon Zhang, Xin Liu, Cai-xia Huang und Da Pan entnehme ich, dass eine zusätzliche Querstrebe im Gestell die Angelegenheit verbessert.
Persönlich bin ich der Ansicht, dass im Fall der Pfaff 130 und ähnlich aufgebauter Maschinen die beiden Schaukelwellen für den Transport beziehungsweise deren Antriebspleuel für die Vibrationen verantwortlich sind.
Frage an die technisch interessierte Allgemeinheit: Wie bekomme ich die Maschine ruhig? Einen Quadratmeter 20mm Multiplex Birke so dazwischen zu nageln, dass eine Annäherung an den Einzelmotortisch stattfindet ist kein Problem, aber die Maschine selbst vibriert mir zu stark. Wenn ich sie mit dem Moretti auf ein Spanplattenbrett stelle dreht sie sich ab 1500 spm angetrieben von der eigenen Unwucht im Kreis.
Ich weiß, Glaskugeln verliehen, Ferngläser in der Werkstatt, Hellseherinnen aus der Nachbarschaft verreist und ohne Bilder seht Ihr nichts. Bilder wovon? Sieht aus wie 'ne Pfaff 130 ;-)
Gruß
Ralf C.
ich lese immer wieder vergnügt und erstaunt, wie leise und leicht Nähmaschinen bei anderen Forenten laufen, namentlich die Pfaff 130 und 230. Meine Pfaff 130 liegt vibratös etwa zwischen einem russischen Mi-8 Transporthubschrauber, einer Kalaschnikow und einem Schiffsdiesel, bei Vollgas erreicht sie Rauchmelderlautstärke.
Warum?
Mir sind ein paar Sachen aufgefallen, die eigentlich nicht sein können oder sollen:
Mit einem 3000-rpm-Anlassermotor erreicht die Maschine 2400 Stiche/Minute. Das klingt im Haus nach Bohrhammer. Eine ruhiger laufende Pfaff 260 klingt im Haus nach schleudernder Waschmaschine. Zu erwarten wären bei einem Übersetzungsverhältnis von 75:41 eher so 1600 Stiche/Minute. Der Anlassermotor allein erzeugt keine nennenswerten Vibrationen.
Mit einem Moretti-Rucksackmotor mit 6000 rpm kommt die Maschine auf 1900 Stiche/Minute. Schwergang können wir also wahrscheinlich ausschließen. Leiser ist diese Kombination auch nicht wirklich, jetzt wird der Motor sehr laut. Andere Rucksackmotoren aus meinem Bestand passen nicht, bei der einen Pfaff ist der Kniehebel im Weg, bei der anderen die Zierstichautomatik.
Beim Nähen wackelt der Zickzacksteller rhytmisch mit; bei höherem Nähtempo kann es passieren, dass die Maschine vom Geradstich in den leichten Zickzack wechselt; bei meiner zweiten (Zierstich) Pfaff 130, der 230 und der 330 sowie den beiden 138 ist das nicht der Fall. Bekomme ich einstweilen nicht weg justiert, finde ich auch in der Wartungsliteratur nirgendwo erwähnt, allerdings gibt es in den Weiten des Web so ein oder zwei Forenbeiträge auch von anderen dazu. Die Zierstich-130 kann allerdings so stark vibrieren, dass der Zickzacksteller in die Mittelstellung wandert.
Auch beim allerobersten Totpunkt der Nadelstange lässt ein Verstellen des Zickzackhebels die Nadelstange ganz leicht aber doch sichtbar seitlich ausschlagen. Soll laut Literatur nicht sein, ist aber bei allen meinen Pfaffen so.
Ich finde die Pfaff 130 ziemlich zickig, was die Greifereinstellung angeht. Meine 138, bei der ich mal nach einem Vergleichseindruck geschaut habe, lässt einen stumpfen, schartigen Greifer im Millimeterabstand an der Nadel vorbeitaumeln, näht damit aber einwandfrei und vibriert auch bei 700 Stichen/Minute kaum. (Schneller wird sie mit dem 1400rpm-Kupplungsmotor nicht, was nach dem Übersetzungsverhältnis auch so zu erwarten ist.)
Das Thema Vibrationen finde ich in der Wartungslitderatur nirgends. Pfaff-Prospekten ist nur indirekt zu entnehmen, dass die 130 vielleicht noch nicht der ganz große Wurf war:
Einer Prospektsammlung für die Oberbekleidungsbranche entnehme ich, dass der Pfaff Einzelmotortisch "wesentlich kräftiger als das gewöhnliche Handwerker-Tretgestell und deshalb Erschütterungen weniger ausgesetzt" ist. Die Tischplatte ist mit 42 Millimetern etwa doppelt so stark wie bei den Handwerkergestellen. Das Einzelmotorgestell hat zwei zusätzliche Querstreben und an diesen noch einmal eiserne Diagonalversteifungen. Mit Aussparungen für die kleinen Maschinen wurde das aber nicht angeboten.
Mein Handwerkergestell kl 130-2041 ist so weich, dass es in sich sichtbar verwinden kann und hängt in Höhe des Maschinenausschnittes durch.
Einem Pfaff-130 Prospekt entnehme ich, dass die Maschine für eine Höchstdrehzahl (Stichzahl) von 2200 UpM ausgelegt ist und einen Kraftbedarf von 1/5 PS hat, also 150 Watt. Diese Leistungsabgabe gibt es in den mir bekannten Anlassermotoren langsamstens mit 3000 rpm, und damit ist die Maschine ja schon zu schnell ;-)
Der Bedienungsanleitung für die Pfaff 138 entnehme ich, "stellt man die Maschine bei gelöster Schraube B zum Beispiel auf 2 mm Überstich ein und dreht die Schraube B fest, so ist diese Überstichbreite festgehalten und kann sich auch durch die Erschütterungen beim Nähen nicht verstellen". Also scheint das ja wohl bei dem einen oder anderen durchaus vorgekommen zu sein ;-) Schlingels. B ist die Schraube neben dem Zickzacksteller. Bei meiner Pfaff 130 klemmt die total, bei allen meinen Maschinen ist die kleine Rastnase am Zickzackzeiger so weit runter geschliffen, dass sie nicht mehr einrastet.
Einer Dissertation von ZhengZiMing entnehme ich, dass die obere Armwelle die Hauptquelle für Vibrationen ist und dass besser gewuchtete Ausgleichsmassen in Verbindung mit angepassten Gehäusekonstruktionen diese um 90 Prozent vermindern könnten. Das dürfte für die Pfaff 130 gaaaanz knapp zu spät kommen.
Dem Buch "Berechnung und Gestaltung von Gummifedern" von E.F.Göbel https://books.google.de/books?id=lxW1Bg ... en&f=false aus dem Springerverlag entnehme ich auf Seite 127, dass die Vibrationen an sich seit Jahrzehnten bekannt sind und dass ein Maximum bei etwa 700 spm, ein Minimum bein 1500 spm eintritt und es danach steil bergan geht mit der Randale. Gummifedern dämpfen dem Buch zufolge die Vibrationen jenseits von 1700 sp, wirkungsvoll, bis dahin ist die gedämpfte Maschine lauter als die ungedämpfte.
Einer Publikation von Zhi yon Zhang, Xin Liu, Cai-xia Huang und Da Pan entnehme ich, dass eine zusätzliche Querstrebe im Gestell die Angelegenheit verbessert.
Persönlich bin ich der Ansicht, dass im Fall der Pfaff 130 und ähnlich aufgebauter Maschinen die beiden Schaukelwellen für den Transport beziehungsweise deren Antriebspleuel für die Vibrationen verantwortlich sind.
Frage an die technisch interessierte Allgemeinheit: Wie bekomme ich die Maschine ruhig? Einen Quadratmeter 20mm Multiplex Birke so dazwischen zu nageln, dass eine Annäherung an den Einzelmotortisch stattfindet ist kein Problem, aber die Maschine selbst vibriert mir zu stark. Wenn ich sie mit dem Moretti auf ein Spanplattenbrett stelle dreht sie sich ab 1500 spm angetrieben von der eigenen Unwucht im Kreis.
Ich weiß, Glaskugeln verliehen, Ferngläser in der Werkstatt, Hellseherinnen aus der Nachbarschaft verreist und ohne Bilder seht Ihr nichts. Bilder wovon? Sieht aus wie 'ne Pfaff 130 ;-)
Gruß
Ralf C.