Verschiedene Fadenwege
Verfasst: Dienstag 2. November 2021, 12:41
"Es ist ein Unterschied, ob man den Weg kennt oder ihn beschreibt", sagte Morpheus zu Neo…
Ich möchte euch nachfolgend gerne einige wissenswerte Informationen über alternative Möglichkeiten der Fadenführung an die Hand geben. Es betrifft im Wesentlichen die amerikanischen Rocketeer Maschinen, also die 500er Serie und die in Karlsruhe hergestellten Modelle 411g und 431g. Die 431g wurde übrigens von den Amerikanern treffender Weise "Convertable" genannt.
Die Eigenschaft, die alle genannten Modelle verbindet ist die Tatsache, dass diese Typen über eine "Automatic Thread Control", also eine automatische Fadenkontrolleinrichtung verfügen. Im folgenden Bild gut zu sehen.
Dieser Mechanismus wurde Anfang der 60ger Jahre in die oben genannten Modelle eingebaut. Soweit mir bekannt ist, sonst in keine anderen Modelle von Singer. Hier könnte man, wenn man mag, Parallelen zu den Slant Shaft Mechanismus ziehen, der auch nur in den 60ger und 70ger Jahren Anwendung fand.
Was bewirkt die automatische Fadenkontrolleinheit? Laut damaligen Aussagen der Firma Singer sollte der besagte Mechanismus die korrekte Menge Garn abwickeln, bevor die Nadel in den Stoff eintaucht. Ob der Mechanismus wirklich eine gute Idee war bleibt fraglich, da dieser nur in der 500er Serie und den in Deutschland gefertigten 411g und 431g Modellen verbaut wurde.
In den späten 60ger, Anfang 70ger Jahren wurden Double Knit Fabrics (übersetzt: Doppelstrickstoffe) in Amerika recht populär. Ältere Maschinen, vor allem die 500er Serie sowie die 411g als auch die 431g hatten damit Probleme, da sie bereits Anfang der 60ger produziert wurden. Anfang 1972, also gut 10Jahre nach dem Erscheinen der betroffenen Nähmaschinenmodelle, brachte Singer den "Knit Kit" heraus, also eine Art Retrofit. Dieser sollte die entsprechenden Maschinen dazu befähigen, die populären Double Knit Fabrics sauber und einwandfrei zu vernähen. Ich kenne jetzt nicht im Einzelnen die zum Knit Kit gehörigen Einzelteile, aber es war in jedem Fall ein verändertes Hook System (Greifersystem), welches näher an die Nadelstange gesetzt werden konnte, um die Fehlstiche der Maschine somit wirkungsvoll zu unterbinden. Dieser Knit Kit wurde von Singer an autorisierte Fachhändler verschickt und man konnte sich diesen Kit kostenpflichtig vom Singer Fachhändler einbauen lassen. In wie weit man als Laie bzw. Nähmaschinenbenutzer in der Lage war, eine so umgerüstete Maschine zu erkennen, ist mir nicht bekannt.
Viele Benutzer fanden allerdings bereits vor dem Erscheinen des Knit Kits heraus, dass durch eine veränderte Fadenführung den unvermeidlichen Stichaussetzer bei der Verarbeitung von Double Knit Fabrics wirkungsvoll entgegen getreten werden konnte. Auch soll wohl Singer eine Information herausgegeben haben, in wie weit die Fadenführung bei verschiedenen Stoffarten wirkungsvoll optimiert werden kann. Leider entzieht es sich an dieser Stelle meiner Kenntnis, ob die genannten Informationen nur an autorisierte Singer Fachhändler heraus gegeben wurde, oder ob die Informationen lediglich unter den Benutzern kursierten, also ohne offizielles Statement von der Firma Singer selbst.
Nachfolgend möchte ich euch die mir bekannten Varianten der Fadenführung für die betreffenden Modelle aufzeigen. Zunächst die im Handbuch beschriebene Methode.
Der Faden wird hier horizontal an der automatischen Fadenkontrolleinheit vorbei geführt.
Nachfolgend eine geänderte Fadenführung, die mit sehr feinen, leichten Stoffen zuverlässig funktionieren soll.
Bei dieser Variante wird der Faden direkt von der oberen Führung in den Tensioner (Fadenspanner) geführt. Dies entspricht ziemlich genau der Fadenführung eines 401g Modells. Ich benutze diese Variante fast ausschließlich bei der Verwendung von zwei Nadeln.
Sehen wir uns Variante 2 an.
Der Faden wird hinter der -oberhalb des Fadenspanners montierten- Fadenführung entlang geführt und gelangt dann direkt in den Zwischenraum zweier Fadenspanner-Disks. Ich persönlich nehme immer den Zwischenraum zwischen Disk 2 und 3, bei Verwendung einer Nadel. Wie bereits weiter oben beschrieben, wird diese Variante bei der Verwendung von Double Knit Fabrics von Besitzern der 500er Serie und natürlich auch der 411g bzw. 431g favorisiert. Diese Fadenführungsvariante findet wohl aber auch generell bei allen anderen Stoffen eine hohe Beliebtheit. So auch bei mir.
Fazit:
Wie man aus meinen Ausführungen ableiten kann, gibt es bei den oben aufgeführten Modellen nicht unbedingt ein Richtig und ein Falsch in Bezug auf die Fadenführung. Ich persönlich richte mich zunächst immer erst mal nach dem Handbuch. Was dort drinne geschrieben steht, ist erst mal Gesetz. Wer soll es denn besser wissen als der Hersteller? Genau das ist aber die Frage, die, wie ich meine, von Anwendung zu Anwendung unterschiedlich beantwortet werden kann, ja sogar muss. Eine Maschine wird für die Begebenheiten und Anforderungen konstruiert, die zu einer bestimmten Zeitepoche vorherrschen und natürlich auch den Machbarkeitsrahmen nicht sprengen. Es kommt allerdings nicht selten vor, dass z.B. 10 Jahre später eine Anwendung auftaucht, die mit der "gealterten" Maschine machbar wäre, wenn denn kleine technische Veränderungen durchgeführt werden würde...
OK, ich hoffe, dass euch mein kleiner Ausflug in die Geschichte unserer geschätzten Arbeitswerkzeuge gefallen hat. Das soll es dann auch vorerst von meiner Seite her gewesen sein. Ich wünsche allen: Fröhliches Ausprobieren!
Ich möchte euch nachfolgend gerne einige wissenswerte Informationen über alternative Möglichkeiten der Fadenführung an die Hand geben. Es betrifft im Wesentlichen die amerikanischen Rocketeer Maschinen, also die 500er Serie und die in Karlsruhe hergestellten Modelle 411g und 431g. Die 431g wurde übrigens von den Amerikanern treffender Weise "Convertable" genannt.
Die Eigenschaft, die alle genannten Modelle verbindet ist die Tatsache, dass diese Typen über eine "Automatic Thread Control", also eine automatische Fadenkontrolleinrichtung verfügen. Im folgenden Bild gut zu sehen.
Dieser Mechanismus wurde Anfang der 60ger Jahre in die oben genannten Modelle eingebaut. Soweit mir bekannt ist, sonst in keine anderen Modelle von Singer. Hier könnte man, wenn man mag, Parallelen zu den Slant Shaft Mechanismus ziehen, der auch nur in den 60ger und 70ger Jahren Anwendung fand.
Was bewirkt die automatische Fadenkontrolleinheit? Laut damaligen Aussagen der Firma Singer sollte der besagte Mechanismus die korrekte Menge Garn abwickeln, bevor die Nadel in den Stoff eintaucht. Ob der Mechanismus wirklich eine gute Idee war bleibt fraglich, da dieser nur in der 500er Serie und den in Deutschland gefertigten 411g und 431g Modellen verbaut wurde.
In den späten 60ger, Anfang 70ger Jahren wurden Double Knit Fabrics (übersetzt: Doppelstrickstoffe) in Amerika recht populär. Ältere Maschinen, vor allem die 500er Serie sowie die 411g als auch die 431g hatten damit Probleme, da sie bereits Anfang der 60ger produziert wurden. Anfang 1972, also gut 10Jahre nach dem Erscheinen der betroffenen Nähmaschinenmodelle, brachte Singer den "Knit Kit" heraus, also eine Art Retrofit. Dieser sollte die entsprechenden Maschinen dazu befähigen, die populären Double Knit Fabrics sauber und einwandfrei zu vernähen. Ich kenne jetzt nicht im Einzelnen die zum Knit Kit gehörigen Einzelteile, aber es war in jedem Fall ein verändertes Hook System (Greifersystem), welches näher an die Nadelstange gesetzt werden konnte, um die Fehlstiche der Maschine somit wirkungsvoll zu unterbinden. Dieser Knit Kit wurde von Singer an autorisierte Fachhändler verschickt und man konnte sich diesen Kit kostenpflichtig vom Singer Fachhändler einbauen lassen. In wie weit man als Laie bzw. Nähmaschinenbenutzer in der Lage war, eine so umgerüstete Maschine zu erkennen, ist mir nicht bekannt.
Viele Benutzer fanden allerdings bereits vor dem Erscheinen des Knit Kits heraus, dass durch eine veränderte Fadenführung den unvermeidlichen Stichaussetzer bei der Verarbeitung von Double Knit Fabrics wirkungsvoll entgegen getreten werden konnte. Auch soll wohl Singer eine Information herausgegeben haben, in wie weit die Fadenführung bei verschiedenen Stoffarten wirkungsvoll optimiert werden kann. Leider entzieht es sich an dieser Stelle meiner Kenntnis, ob die genannten Informationen nur an autorisierte Singer Fachhändler heraus gegeben wurde, oder ob die Informationen lediglich unter den Benutzern kursierten, also ohne offizielles Statement von der Firma Singer selbst.
Nachfolgend möchte ich euch die mir bekannten Varianten der Fadenführung für die betreffenden Modelle aufzeigen. Zunächst die im Handbuch beschriebene Methode.
Der Faden wird hier horizontal an der automatischen Fadenkontrolleinheit vorbei geführt.
Nachfolgend eine geänderte Fadenführung, die mit sehr feinen, leichten Stoffen zuverlässig funktionieren soll.
Bei dieser Variante wird der Faden direkt von der oberen Führung in den Tensioner (Fadenspanner) geführt. Dies entspricht ziemlich genau der Fadenführung eines 401g Modells. Ich benutze diese Variante fast ausschließlich bei der Verwendung von zwei Nadeln.
Sehen wir uns Variante 2 an.
Der Faden wird hinter der -oberhalb des Fadenspanners montierten- Fadenführung entlang geführt und gelangt dann direkt in den Zwischenraum zweier Fadenspanner-Disks. Ich persönlich nehme immer den Zwischenraum zwischen Disk 2 und 3, bei Verwendung einer Nadel. Wie bereits weiter oben beschrieben, wird diese Variante bei der Verwendung von Double Knit Fabrics von Besitzern der 500er Serie und natürlich auch der 411g bzw. 431g favorisiert. Diese Fadenführungsvariante findet wohl aber auch generell bei allen anderen Stoffen eine hohe Beliebtheit. So auch bei mir.
Fazit:
Wie man aus meinen Ausführungen ableiten kann, gibt es bei den oben aufgeführten Modellen nicht unbedingt ein Richtig und ein Falsch in Bezug auf die Fadenführung. Ich persönlich richte mich zunächst immer erst mal nach dem Handbuch. Was dort drinne geschrieben steht, ist erst mal Gesetz. Wer soll es denn besser wissen als der Hersteller? Genau das ist aber die Frage, die, wie ich meine, von Anwendung zu Anwendung unterschiedlich beantwortet werden kann, ja sogar muss. Eine Maschine wird für die Begebenheiten und Anforderungen konstruiert, die zu einer bestimmten Zeitepoche vorherrschen und natürlich auch den Machbarkeitsrahmen nicht sprengen. Es kommt allerdings nicht selten vor, dass z.B. 10 Jahre später eine Anwendung auftaucht, die mit der "gealterten" Maschine machbar wäre, wenn denn kleine technische Veränderungen durchgeführt werden würde...
OK, ich hoffe, dass euch mein kleiner Ausflug in die Geschichte unserer geschätzten Arbeitswerkzeuge gefallen hat. Das soll es dann auch vorerst von meiner Seite her gewesen sein. Ich wünsche allen: Fröhliches Ausprobieren!